Seite:Schiller-Galerie.pdf/188

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

  Es ist nicht immer möglich,
Im Leben sich so kinderrein zu halten,
Wie’s uns die Stimme lehrt im Innersten.
In steter Nothwehr gegen arge List
Bleibt auch das redliche Gemüth nicht wahr –
Das eben ist der Fluch der bösen That,
Dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.
Ich klügle nicht, ich thue meine Pflicht;
Der Kaiser schreibt mir mein Betragen vor.
Wohl wär’ es besser, überall dem Herzen
Zu folgen, doch darüber würde man
Sich manchen guten Zweck versagen müssen –

hat am Ende immerhin noch bessern Grund, als die Sophismen, mit denen Wallenstein seinen Treubruch vor sich selbst beschönigt. Ein Abfall von einem, der sich selber untreu wird, ist wenigstens kein Verrath wie der des letztern, und wenn er uns gehässiger erscheint als dieser, so ist es nur darum, weil der Dichter uns die kleinen und niedrigen Mittel, die er gelegentlich braucht, um dem Kaiser die Armee zu erhalten, schonungslos zeigt, während die des Wallenstein, um sie zu verführen, nur angedeutet, ja andern in die Schuhe geschoben werden. Es stösst uns zurück, wenn wir hören, wie Wallenstein überall sein Vertrauen zu ihm ausspricht, ihn gar entschuldigt, während wir ihn sagen hören, dass er den Feldherrn mit seinen Horchern rings umgeben habe, wenn wir sehen, wie er den Buttler, den Isolani an ihren schwachen Seiten fasst, während der Friedländer doch sicher gegen die Kürassiere, gegen Buttler, ja gegen Max nicht aufrichtiger ist. Octavio charakterisirt sein Verhältniss zu ihm vielleicht am besten, wenn er gegen Questenberg äussert:

  Denken Sie nicht etwa,
Dass ich durch Lügenkünste, gleissnerische
Gefälligkeit in seine Gunst mich stahl,
Durch Heuchelworte sein Vertrauen nähre.
Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht,
Die ich dem Reich, dem Kaiser schuldig bin,
Dass ich mein wahres Herz vor ihm verberge,
Ein falsches hab’ ich niemals ihm geheuchelt!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/188&oldid=- (Version vom 1.8.2018)