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diesem eisernen Zwang der Etikette heraus. Während aber selbstische Naturen die Freiheit blos für sich erobern wollen, so wünschen hochsinnigere sie den andern zu verschaffen und zu erhalten. Dass Elisabeth zu diesen gehört, sehen wir sofort aus der Art, wie sie sich über die Heirath äussert, die der Eboli aufgedrungen werden soll:

 Der Mann, den ich
Mit einer Eboli belohne, muss
Ein würd’ger Mann sein. . . .
 Doch
Wir wollen wissen, ob er lieben kann
Und Liebe kann verdienen? . . . .
 Es ist
Ein hartes Schicksal, aufgeopfert werden.

Ihre Denkungsart offenbart sich noch mehr, als sie den Marquis Posa empfängt und ihm Glück wünscht, dass er sich selbst zu leben gesonnen sei:

Ein grössrer Fürst in Ihren stillen Mauern,
Als König Philipp auf dem Thron – ein Freier! –

oder da sie ihm später sagt:

 Wie sollt’ es
Mich freuen, Marquis, wenn der Freiheit endlich
Noch diese Zuflucht in Europa bliebe!

Das Königliche, die Herrschernatur ihres Wesens veredelt jedes Wort, das sie sagt, zeichnet sich nicht nur in dem Mass und der Würde, die sie überall begleiten, in dem Verständniss, das sie für alle grossen Interessen zeigt, sondern auch vorzugsweise in der Bereitwilligkeit, mit der sie ihnen die eigenen persönlichen Wünsche, ja die geheimsten Neigungen ihres Herzens unterordnet. Posa kann daher allerdings mit einiger Wahrscheinlichkeit dem eifersüchtigen Philipp von ihr sagen:

 Mit Empfindlichkeit sieht sie
In ihrer stolzen Hoffnung sich getäuscht
Und von des Thrones Antheil ausgeschlossen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/131&oldid=- (Version vom 1.8.2018)