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Was den obgedachten Fluß Bode anbelangt / so entspringt derselbe / den Landtaflen nach / in der Graffschafft Rheinstein. An dem Ort / da Sie auß dem Hartz herauß kompt / ligt / zu beeden Seiten derselben / ein wunderseltzames felsichtes Gebürg / fast ohne Gebüsch / der Roßtrapp genant / da gemeltes Wasser / welches so wol / als die Felsen / viel krümmen machet / über dasselbe / mit einem grossen Geräusch / so man sehr weit hören kan / herunter fleusst. Auff dem einen Felsen / welcher überauß hoch / scharff / vnd spitzig / vnd man / wie auff einer Dachförsten / fast nicht ohne Gefahr / hinzu kommen kan / sihet man aigentlich zwey natürliche sehr grosse Roßtrappen / welche stäts voll Wasser seyn / vnd bescheidenlich zu erkennen / daß es nicht auß Kunst / oder sonst außgehauen seye / vnd berichten die Leute herumb / daß / auff dem andern Felsen gegen über / auch zwey Roßtrappen / gleich / als wenn das Pferd mit den 2. förder Beinen daran gehafftet habe / zu sehen; vnd erzehlen eine Geschicht / oder Fabel[WS 1] / wie Einer seine Liebste / durch Hülff der schwartzen Kunst / auff einem Pferde / in einem Sprung / hinüber geführt / vnd seye der Braut ein gantz güldene Crone ab- vnd in die Bode gefallen / darinn Sie noch lige. Vnfern davon / vnd vnterhalb Blanckenburg / ligt an der Bode / ein schöner Flecke / der Thal / oder zum Thal genant. Fast eben dergleichen Vbersprung / oder Felsen / wiewol mit Gehöltz sehr zugewachsen / sihet man am Fußsteige / wann man von Hartzgeroda nach Quedlinburg zeucht / zu beyden Seiten der Salcken / oder Selcken / eines bekanten Wassers. Die Histori aber daselbst wird von einem Schäffer / vnd einer BaurenMagd / sampt einem Ziegenbock erzehlet / seyn auch die Trappen nicht so eigentlich / als jene / zu erkennen: vnd wird selbiger Ort der Mägdle Sprung genant.


Sternberg / Sternbergk /

Eine Statt / im Hertzogthumb Meklenburg / zwischen Wißmar / vnd Güstrow / aber etwas abwegs / vnd auff der Seiten gelegen / allda das Fürstliche LandHoffgericht gehalten wird; vnd Anno 1637. ein Landtag vom Schwerin- vnd Güstrowischen Theil angestellt worden ist. Hans Regkman schreibet / in der Lübeckischen Chronick / daß Anno 1404. da die Sach zwischen den Lübischen / vnd dem Herrn von Wenden / nicht konte vertragen werden / die von Lübeck / mit den Herren von Stargard / eins worden / daß Sie zu Sternberg mochten ein Heer legen / welches Ihnen derselbige Fürst nicht versagete. Derhalben die von Lübeck die Sternburg einnahmen / vnd raubeten / vnd brennten dem Fürsten von Wenden so lange in dem Land / daß Er GOtt danckete / daß Er sich mit den Lübeckischen versühnete / vnd ihrer auß dem Land quit wurde. Anno 1491. ist angefangen der Zulauff nach dem Sternberg / von wegen der Ostien / vnd / zur selben Zeit / hat abgenommen der Zulauff zur Wilsnacke. Vnd dieses sagt Regkman. Petrus Lindebergius, in der Rostochischen Chronick / erzehlet lib 3. cap. 14. die erwehnte Geschicht weitläuffig; wie namblich Anno 1491. ein Priester allhie / einem Juden / einen ehrinen Hafen zu Pfand geben / vnd solchen wieder von dem Juden / mit 2. gesegneten Hostien / gelöset habe / welche die Juden durchstochen / vnd seye Blut darauß geronnen. Vnd sagt Er / daß der gedachte Hafen noch im Tempel allhie / sampt einer Tafel gesehen werde. Anno 1632. seynd zu Sternberg / Hagel / als Mußqueten Kugeln / vnd wunderliche Striche vom Westen / gegen Osten / mit grossem Brausen / gegangen; wie Micraelius lib. 5. Pomer. p. 302. berichtet.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vgl. die Sage Der Roßtrapp und der Cretpfuhl bei den Brüdern Grimm.
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1853, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Saxoniae_Inferioris_(Merian)_226.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2022)