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David Friedrich Strauß. Aber ein naiver satisfait ist er, wie je einer war. Vor dem Inhalt meiner Satire steht er so ahnungslos, wie David Strauß vor Nietzsches Philisterbetrachtung, als er schrieb: „Ich weiß nicht, was der widerwärtige Mensch eigentlich will“....

Herr Lublinski – Rom wünscht Bedauern über mein Urteil! Ich habe ihn nicht „beurteilt“! Ich habe Erlebtes, das mir komisch schien, geschildert, wie ich es sehe. Ob der reale Herr Lublinski dem Bilde gleicht, das ich aus literarischen Impressionen mir gebildet habe, kommt auf die Doktorfrage hinaus, ob Sokrates, der reale, so schön oder unschön gewesen sei, wie der Sokrates in des Aristophanes Porträte. Ich kann irren. Möglich! Zweifellos aber ist, daß Herrn Lublinski – Rom’s „Aufforderung“ mich nicht eines bessern belehren kann. Ich kann nichts tun, als was ich schon tat: feierlich erklären, daß sich bürgerliche Moralitäten von selbst verstehen. Herr Lublinski ist gewiß ein trefflicher Mann. Aber seine ästhetisch-psychologischen Arbeiten (ich kenne seine Werke seit wenigstens zehn Jahren) sind nach Ethos und Geistesart für meinen inkompetenten Geschmack quälend-unerträglich. Ich sage damit nicht, daß dieser Autor schlecht ist! Ich sage nur, daß er mich zum Gähnen reizt. Und ich weiß, oder vorsichtiger, ich glaube zu wissen, daß der Gehalt seiner gewiß sehr nützlichen Bücher für mein Innenleben gleich belanglos bleiben wird, ob ich hundert seiner Werke studiere oder dreie. Die Optik geistigen Lebens steht in Frage.


2.

Zwei Punkte nur möcht’ ich geklärt sehen. Herr Lublinski wünscht den Nachweis zu führen, daß ich aus persönlichem Ressentiment spotte. Nicht artistische Motive, nein, niedere Antriebe sollen meine Satire eingegeben haben. Ich hätte, so behauptet Herr Lublinski – Rom, ein scharfes persönliches Renkontre mit ihm gehabt. Ich martere vergeblich mein sonst recht gutes Gedächtnis. Ich gebe mein Ehrenwort, ich ahne nicht, was die Herren meinen! Herr Lublinski – Rom hat mich vor vielen Jahren einmal freundlich besucht. Er wurde selbstverständlich freundlich aufgenommen. Sodann vor etwa Jahresfrist erhielt ich von ihm bei unerheblichem Anlaß ein paar artige Briefzeilen. Sonst habe ich mit ihm meines Wissens nie irgendwelche Berührung gehabt. Ich brenne, werter Herr Lublinski, vor Neugier auf Ihren gewiß sehr interessanten Nachweis!