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“Satiren“ zurechtzumachen pflegt. Doch diese „literarische“Das Buch Samuelis oder Roma locuta. Seite bleibe vorläufig unbeachtet, und ebenso verspare ich mir den Nachweis, daß allerdings der Herr Doktor eine scharfe persönliche Kontroverse mit mir gehabt hat, auf eine spätere Zeit, falls er nach dieser Andeutung fortfahren sollte, zu leugnen. Dagegen möchte ich jetzt schon auf einen Umstand hinweisen, der von grundsätzlicher Bedeutung ist, weil er beweist, mit welchem Manko an Gewissenhaftigkeit in Deutschland literarische Kritik und Polemik betrieben wird.


2.

Der Herr Doktor Lessing wollte den „espritjüdischen Typus“ treffen und den zensurierenden Schulmeister, der über Kunstwerke urteilt, die er nicht erlebt hat, oder der, wie der Doktor sich geschmacklos ausdrückt, nicht sieht, nicht hört, nicht riecht. Ich will nicht so pedantisch sein, nachzuweisen, daß diese beiden Typen einander vollkommen ausschließen, und daß man z. B. dem unzweifelhaft „espritjüdischen“ Heine alles Mögliche vorwerfen kann, nur nicht Mangel an Erlebnis und Leidensfähigkeit. Aber wer wird es mit einem professionellen Satiriker so genau nehmen!

“Espritjüdisch“ und „Schulmeister“ sind ja längst schon allgemein verbreitete Schlagworte geworden, inhaltslose Phrasen für jedermann aus dem Volk, und so merkt der ahnungslose Doktor nicht den Widerspruch und heftet meiner „literarischen“ Persönlichkeit diese beiden Etiketten an. Das tut er, obgleich er mich nach eigenem Geständnis als Schriftsteller garnicht kennt. Meine beiden kritischen Bücher hat er nur „angeblättert“ und kann also nicht wissen, ob sie aus schulmeisterlicher Erlebnisunfähigkeit herkommen oder vielleicht aus ganz anderen Eigenschaften des Autors geboren wurden! Auch von meiner Produktion weiß der Doktor Lessing, das sage ich ihm auf den Kopf zu, garnichts, und so wird sich seine Kenntnis meiner „literarischen“ Persönlichkeit auf einige Zeitungsartikel beschränken, die seine „leidensfähigen“ Nerven irritierten. Trotzdem besitzt dieser Mann die Gewissenlosigkeit, über mich als Schriftsteller aburteilen zu wollen, trotzdem wiederholt er hartnäckig in seinem letzten Artikel „wider Thomas Mann“, daß ich ein espritjüdischer zensurierender Schulmeister sei, während er gleichzeitig so freundlich ist, mich für einen Gentleman zu erklären. Sehr verbunden, Herr Doktor, und ich bin nicht in der Lage, Ihnen dieses Kompliment zurückzugeben. Wenn der Doktor