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Na aber – treibst in Deutschland Du Satirik,
Wirst boykottiert Du Schurke und gelyncht fast
Und Deine Lage schwierig und langwierig,
Viel schwieriger, als Du es Dir gewünscht hast.
Auch ich –, für Logik sehr begabt und Lyrik,
Verlor fast Brot und Amt und hab verwünscht fast
Daß, da vom schönen Spiel des Geistes brannte,
Was komisch ist, ich ehrlich komisch nannte.

Ui je! Kein Mensch verstand die Drolerie,
Obwohl man doch bei Nietzsche und Goldone,
Bei Börne, kleine, Scherr liest toller sie.
Ich weiß wohl, meine Feder ist nicht ohne,
Doch hat sie den Entrüstungskoller nie.
Ich lieb nicht wild-moralische Patrone.
Je suis d’artiste et j’aime la joie
Et voulais irriter les bourgeois...

2.

X’ so nen Wänzchen, Tschi.. nein! Zschorlich heißt er,
Schrieb sechs Artikel über meine Schand,
Und die Kollegenschaft von Scheer und Kleister
Erklärte verschimpfiert den keuschen Stand,
Und so begann ein großer Krieg der Geister.
Sechs Wochen tobte er durch deutsches Land
Und jeder las, wofern er es nicht auch schrieb:
Ein Narr ist Th. Lessing und ein Strauchdieb.

Sehr edle Deutsche ritten in die Schranken,
Geküßt von keuscher Muse, keuschem Kuß,
Zuerst der heitre Siegfried der Gedanken
Geheimrat Doktor Avenarius,
Des Werke stark an Langerweile kranken,
Zum Glück jedoch man sie nicht lesen muß,
Ihm sekundierte Ritter Hermann Kienzl,
Zum Strome schwoll der Sittlichkeit Gerinnsel.

Da sah man Arm in Arm mit O. H. Schmitzen
(Ich kenn ihn. O! welch Pallas keuscher Sitt!)
Im Knoblauchkrönchen Jettchens Sänger sitzen,
Auch Zweig und Karl Scheffler taten mit.
Huldschiner, Lissauer, der, frei von Witzen,
Schon früher eifernd mein Genie bestritt,
Und andre zarte Lyriker erschienen, –
Doch ich bin edel und verzeihe ihnen.