Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896) | |
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Bräutigams führen ganz dieselbe Tracht wie die ledigen Taufzeuginnen (vgl. Bild 1). Bei den übrigen weiblichen Hochzeitsgästen jener Parochie ist besonders charakteristisch die weiße Festhaube mit Spitzen zu beiden Seiten des Gesichts nebst der Schleife und dem Bande unter dem Kinn, sowie dem Bande um die Stirn, welches bei den Frauen hell, bei den Mädchen aber bunt sein muß.
Bild 1. Gruppe aus dem Hochzeitszug des Hoyerswerdaer Kreises (preuß. Oberlausitz): Brautjungfern (družki) und Brautführer (swataj) bez. Ehrendiener (towarischej). Die Brautjungfern haben dieselbe Tracht wie die unverheirateten Taufzeuginnen: auf dem Kopf die turbanartige Sammetmütze (borta) mit einem Kränzchen, das mit mehreren bunten Schleifen und über den Rücken herabhängenden bunten Bändern hinten am Haar befestigt ist; auf der Brust den großen bunten Perlenpanzer, darüber einige Korallen- bez. Perlenschnuren um den Hals, mit schmalen bunten Bändern hinten zusammengebunden; am Oberarm breite, gestickte, krausenartig ausgebogene, kurze Hemdenärmel von feiner weißer Leinewand, und darunter befestigt über den ganzen Arm bis zum Handgelenk reichend breite bunte Aermel von feinem Wollstoff; über bez. um das Kleid herum eine große weiße feingestickte Schürze (meist eigne Handarbeit der Mädchen) und in der Hand ein weißes gesticktes Taschentuch mit gesticktem ganzen Rufnamen.
Bild 2. Ostersängerinnen aus Jahmen (Par. Klitten). Sitte: in der Niederlausitz und der preuß. Oberlausitz, wo noch viel Flachs gebaut und gesponnen wird, bilden die jungen Bauernmädchen jedes Dorfes eine Spinn- und zugleich Singgesellschaft, wozu sie sich eine Vorsängerin (kantorka) wählen; unter deren Leitung singen sie an den gemeinsamen Spinnabenden im Winter ihre altbeliebten Volkslieder, in der Fastenzeit aber meist geistliche Lieder bez. alte Legenden; außerdem ziehen dieselben von Fastnacht bis Ostern, an manchen Orten bis Pfingsten jeden Sonn- und Feiertag nachmittags und besonders in der Osternacht feierlich durchs Dorf einher, dabei ihre geistlichen Lieder (oft in recht volkstümlicher Form) singend. Tracht: gewöhnliche Sonntagstracht, zumeist in gefütterter Winterfrauenjacke. Die Sängerinnen aus Jahmen auf vorliegendem Bild (19, 2) tragen: eine weiße Haube mit Spitzen zu beiden Seiten des Gesichts, heller Schleife und Band unter dem Kinn, buntem schmalen Band um die Stirn, das hinten zusammengeknüpft mit seinen beiden langen Enden über den Rücken herabhängt; buntes Brusttuch im kurzen schwarzen bez. dunkelgrünen Mieder mit blauen bez. grünen Schnüren; große breite nach der Hand zu sich erweiternde Hemdsärmel von geblumter bez. karrierter Leinwand oder Kattun (gewöhnlich doppelte solche Aermel übereinander, die feineren und helleren leinenen über die gröberen und dunkleren baumwollenen gezogen); und endlich eine große bunte geblumte bez. gestreifte Schürze von Leinwand bez. Kattun.
Bild 1. Trauernde Weiber aus Par. Klitten. Die Farbe der Trauer bei den Wenden war und ist noch in der ganzen preuß. Oberlausitz und den meisten Gegenden der wendischen Niederlausitz weiß. Auf dem Bilde stehen in der Mitte zwei Frauen in Volltrauer (sie haben den ganzen Körper in das weiße Laken [cělna plachta][WS 1] von feiner Leinwand eingehüllt) und zu beiden Seiten zwei in Halbtrauer (sie haben nur den Oberkörper mit Kopf ins weiße Tuch gehüllt); bei der Halbtrauer wird zumeist wie hier noch ein weißes gekerbtes Bindchen (platk) und bei Volltrauer wurden früher manchen Orts zwei solche Bindchen über die Stirn gebunden. Volltrauer wird angelegt bei nahen Blutsverwandten, Halbtrauer bei entfernteren.
Bild 2. Gruppe von Männern und Frauen in Trauer aus Par. Schleife b. Muskau: in der Mitte zwei Frauen in Volltrauer, zu beiden Seiten drei Frauen und ein Mädchen in Halbtrauer; die weißen Laken sind hier von gröberer Leinwand und werden etwas anders umgelegt als auf Bild 1; Röcke und Jacken darunter sind schwarz. Die trauernden Männer sind zu erkennen an dem weißen Halstuch (anstatt des sonst üblichen bunten bez. schwarzen) und an den langen schwarzen Tuchröcken, während dieselben für gewöhnlich an Festtagen lange dunkel- bez. hellblaue Tuchröcke tragen.
Bild 1. Ostersängerinnen aus Par. Schleife. Hauptmerkmal: die Tracht sowohl der Männer wie der Weiber im Schleifaer Kirchspiel ist bei allen Personen durchweg uniform, auch sogar in der Farbe wie im Muster. Die Ostersängerinnen hier haben eine wie die andere: blaue mit einer Schleife unter dem Kinn zusammengeknüpfte Hauben, dunkelblaue Brusttücher mit großen weißen Tupfen im kurzen schwarzen mit grünen Bändern geschnürten Mieder, darüber eine dicke schwarze Leinwandjacke mit weißen Schafpelzaufschlägen an den Aermeln, kurze, dicke, grüne (gestreifte) Friesröcke mit gleichlangen breiten gedruckten Schürzen darüber, selbstgestrickte schwarze Strümpfe in niedrigen Lederschuhen mit Schnalle und Schleife und unter dem linken Arm ein großes dunkelblaues weißgestreiftes dickes Kopftuch von Leinwand zum Schutz gegen Regen und Unwetter.
Bild 2. Festgruppe aus Sagar b. Muskau (preuß. Oberlausitz): Mädchen in Sonntags- bez. Festtracht (als Taufpatinnen etc.) mit ihren beiden Gruppenführern, teils in Radhaube bez. dickgefütterter schwarzer Frauenjacke mit weißen Schafpelzaufschlägen, teils ohne dieselben (Braut- bez. Festjungfern). Das große gekerbte Rad der weißen Spitzenhaube geht hier rings um den Kopf (nicht um den Hals wie in der sächs. Lausitz), die kurzen Hemdsärmel mit breiten Puffen sind unten um den Oberarm zusammengeschnürt, über das breite, die ganze Brust bedeckende bunte, gefranzte Brusttuch bez. die Brustseite der Jacke hängen verschiedene längere und kürzere Perlenschnuren und bei den Brautjungfern liegen außerdem um den Hals auf schwarzem Bande zwei Perlen- bez. Korallenketten, über die verhältnismäßig langen Röcke sind gleichlange breite, hellgemusterte Schürzen gebunden. Nur die großen Bandschleifen der Haube sind von (buntgeblumter) Seide. Die scheinbar mit bloßem Kopfe dastehenden Mädchen (Braut- bez. Festjungfern) tragen kunstvoll ins Haar geflochtene bunte Bänder um den Hinterkopf mit einem Kränzchen darauf, gladženje genannt.
Bild 1. Leinölverkäufer aus dem Dorfe Sellessen (Kreis Spremberg, N.-L.). In der Niederlausitz und der angrenzenden preußischen Oberlausitz, wo der Flachsbau noch im Schwunge ist, wird viel Leinöl (anstatt des Olivenöls) zu den Speisen (bes. Pellkartoffeln, Plinzen) genossen; die Bauern schlagen ihr Oel gewöhnlich selber in der Oelmühle, die ärmeren Dorfbewohner kaufen es von dem hausierenden Oelverkäufer. Der Oelverkäufer (wolejkaŕ) fährt mit dem mit einem Faß voll Oel beladenen Karren von Ort zu Ort und füllt beim Hausieren die große irdene Leinölflasche, die er an Strohseilen auf der Brust trägt.
Bild 2. Dorfmusikanten aus der Muskauer Heidegegend: rechts der Dudelsackpfeifer (dudak) mit dem kleineren glatten unbehaarten Dudelsack (miechawa), in der Mitte der Fiedler mit der kleinen Fiedel (guslicki) und links der Bläser mit der modernen Klarinette anstatt der Tarakawa. Als bemerkenswertes Kleidungsstück ist zu nennen: die kurze blaukarierte Leinwandjacke.
Bild 3. Wendische Volksmusikanten von Schleife aus dem Wendenhof der Ausstellung des sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes zu Dresden: rechts Vater Bohla (= Bogula, Koseform von Boguslaw) mit dem großen behaarten Dudelsack (kozol), der noch den gehörnten Kopf des Ziegenbockes als Zierde trägt, in der Mitte Wobuza (= Jobst) mit der größeren dreisaitigen Geige (gusle) und links Hančko (= Klein-Antonius) mit der flötenähnlichen Tarakawa. Tracht: kurze blaue Tuchröcke mit hellen Knöpfen, weiße kurze Leinwandhosen mit Reihen von Knöpfen an beiden Seiten, lange weiße bez. farbige Strümpfe in großen starken Lederschuhen mit Schnallen.
Bild 1. Der Hochzeits- und Schützenkönigszug aus Leipe im Spreewald (N.-L.). Aus dem Hochzeitszuge befinden sich auf dem Bild nur die Braut (njewjesta), sitzend vor dem Mann mit der Schützenscheibe, und ihre beiden Brautjungfern (towarischki), links von ihr die eine sitzend, die andere stehend; alle drei sind kenntlich an dem gleichen Kopfputz, der runden weißen Mütze (hupac) und dem großen runden gekerbten Halskragen von Tüll, der vorn unter dem Kinn mit einer großen, weißseidenen Schleife zusammengebunden ist; die Braut unterscheidet sich von den Brautjungfern nur durch das Brautkränzchen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ handschriftlich korrigiert in ćělna plachta, eigentlich ćělna płachta
Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896). Wilhelm Hoffmann, Dresden 1897, Seite V. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:S%C3%A4chsische_Volkstrachten_und_Bauernh%C3%A4user_(1896).pdf/11&oldid=- (Version vom 8.6.2018)