Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896) | |
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- b) In der preußischen Oberlausitz:
- 3. Tracht der Wenden im Kreise Hoyerswerda, sowie den angrenzenden Gemeinden des Rothenburger Kreises (Klitten, Reichwalde, Creba).
- 4. Tracht der Wenden der Standesherrschaft Muskau.
- c) In der Niederlausitz:
- 5. Tracht der Wenden im Kreise Spremberg, sowie in den westlich angrenzenden Teilen des Kreises Kalau.
- 6. Tracht der Wenden im Kreise Cottbus, sowie in den angrenzenden Teilen der Kreise Guben, Lübben und Kalau, insbesondere im Spreewald.
Zu den kurzen Erläuterungen der wendischen Trachtentafeln (Blatt 14–25) sei im Voraus bemerkt, daß alle die auf den Tafeln enthaltenen und dargestellten Trachten noch heutigen Tages im Gebrauch sind, und daß die verschiedenen Trachten dem Volkscharakter der einzelnen Gegenden entsprechen.
Bild 1. Hochzeitszug der katholischen Wenden (a. d. Par. Radibor b. Bautzen): In der Mitte sitzend Braut und Bräutigam, zu beider Seiten zuerst die beiden Ehrenmütter (sloncy, sg. słonka)[WS 1] und dann die Brautjungfern bez. Ehrenjungfern (družki), dahinter der Hochzeitsbitter (braschka)[WS 2] mit den beiden Brautführern (swataj, sg. swat) rechts und links, Musikanten (hercy) und männliche Hochzeitsgäste. Die Braut trägt die charakteristische schwarzsamtene Brautmütze (borta) mit dem vergoldeten Reifen und dem Brautkranze darauf, um den Hals mehrere Korallen- bez. Perlenschnuren und auf der Brust das Geschmeide aus mehreren Reihen alter Gold- und Silbermünzen. Der Bräutigam hat auf dem Kopf den Dreimaster (jetzt aber gewöhnlich den Cylinder) mit dem Rautenkränzchen daran und in der Hand den geschmückten Feststock. Der Hochzeitsbitter ist kenntlich an dem Kranz und flatternden seidenen Bande an der linken Seite des Dreimasters und dem buntseidenen herabwallenden Tuche auf der rechten Brustseite, die Brautführer bez. Brautdiener dagegen haben ähnliche Kränze und Bänder an der rechten Seite des Hutes und die buntseidenen Tücher auf der linken Brustseite. – Ueber die Tracht der beiden Ehrenmütter vergl. Bl. 15 Nr. 1 und über die der zahlreichen Brautjungfern vergl. Bl. 24 No. 6. – Die übrigen weiblichen und männlichen Hochzeitsgäste sind in Sonntagstracht.
Bild 2. Hochzeitszug der evangelischen Wenden (a. d. Parochien Hochkirch und Göda) in folgender Reihenfolge: 1. Hochzeitsbitter in ähnlicher Tracht wie bei den katholischen Wenden, 2. die beiden kleinen Ehrenjungfern (družcziczki)[WS 3] mit den Blumenkörbchen, 3. Braut und Bräutigam, der hier nur ein Rautenkränzchen nebst Band von grüner Seide an der linken Seite des Hutes und ein Blumensträußchen an der linken Brustseite trägt, 4. die beiden Ehrenmütter (gewöhnlich Taufpatinnen der Braut und des Bräutigams), gefolgt von ihren beiden Männern an Stelle der beiden Brautdiener (swataj), 5. ein Freund (towarisch) des Bräutigams mit der Schleife an der runden Mütze, begleitend die Mutter des Bräutigams, 6. die beiden Brautjungfern in Kleidern von blauer Seide, während die Braut ein schwarzseidenes Kleid trägt, 7. als Ehrenjungfern die unverheirateten Freundinnen der Braut (towarischki). Alle weiblichen Hochzeitsgäste haben ein Blumensträußchen auf der linken Seite angesteckt und die unverheirateten dazu noch einen Kranz von künstlichen Blumen auf dem bloßen Kopfe, die Braut aber einen Rautenkranz. Ueber die Tracht der Ehrenmütter vgl. Blatt 24 Nr. 3.
Bild 3. Maienfestgruppe aus Crostwitz (kath. Wenden): Burschen und Mädchen in Sonntagstracht, im Hintergrunde in der Mitte der Träger des Maienbaumes. Bei den Mädchen ist besonders bemerkenswert das hohe steife schwarze Mieder (schtalt)[WS 4] , das helle Brusttuch, das schwarzseidene Häubchen mit den beiden breiten schwarzen Schleifen rechts und links vom Kopfe nebst zwei gleich breiten langen schwarzen Bändern von der Haube herab über den Rücken, und unter dem Kinn die breite gewöhnlich buntseidene gefaltete Schleife (sekula).[WS 5] Die Burschen tragen gewöhnlich buntseidene Westen und große buntseidene Halstücher.
Bild 1. Kindtaufsgruppe I aus Crostwitz (kath. Wenden): verheiratete Taufzeugen. Die verheirateten weiblichen Taufzeugen (kmotry)[WS 6] sind gekleidet wie die Ehrenmütter bei den Hochzeiten: besonders feingesticktes weißes Brusttuch über der schwarzen gefütterten Frauenjacke (kožuch) mit weiten gefütterten und wattierten Puffärmeln; auf dem Kopfe eine schwarzseidene enganliegende Haube vorn mit breitem schwarzen Rand von geklöppelten Spitzen und hinten mit den beiden breiten schwarzen Schleifen und zwei schwarzseidenen Bändern über den Rücken herab, darunter die charakteristische weiße Frauenhaube (cziepc), die an den Schläfen mit einem schmalen Streifen hervorguckt.
Bild 2. Kindtaufsgruppe II aus Crostwitz (kath. Wenden): ledige Taufzeugen. Die unverheirateten weiblichen Taufzeugen tragen dieselbe Tracht wie die Braut- bez. Ehrenjungfern bei den Hochzeiten (s. Blatt 24 Nr. 6).
Bemerkung zu Bild 1 und 2. Die katholischen Wenden haben bei den Kindtaufen in der Regel nur drei Taufzeugen (Paten), wie früher auch die evangelischen, und zwar bei einem Knaben zwei männliche und eine weibliche und bei einem Mädchen zwei weibliche und einen männlichen. In beiden Gruppen (1 und 2) steht rechts hinter dem männlichen Taufzeugen die Hebamme (in gewöhnlicher Sonntagstracht), die das Kind zur und von der Taufe zu tragen hat.
Landarbeitergruppe aus Crostwitz (kath. Wenden) in Arbeitstracht: Schnitter und Schnitterinnen (erstere mit breiten Strohhüten, letztere mit großem meist weißen Kopftuch zum Schutz gegen die Sonne), Drescher mit dem „Alten“ (aus Stroh geflochten), Frau mit Wasserkannen an dem Krummholz (kwakula); die Frauen sind kenntlich an dem geknöpften, die Mädchen an dem geschnürten Mieder.
Wendengruppe aus Parochie Klitten (preuß. Oberlausitz), besteht aus: a) den Teilnehmern am Klittener Hochzeitszuge (vgl. Bl. 18 Nr. 2), b) der Kindtaufsgruppe (vgl. Bl. 18 Nr. 1), c) den Ostersängerinnen (Bl. 19 Nr. 2) und d) einigen Gästen.
Bild 1. Kindtaufsgruppe aus Jahmen (Par. Klitten) nebst Gästen aus Reichwalde (preuß. Oberlausitz). In der Mitte stehen die beiden unverheirateten Taufpatinnen, gekleidet gleich den Ehrenjungfrauen bei den Hochzeiten (towarischki), mit einem großen Kranz von künstlichen Blumen und Goldflitter auf dem Kopf, einem Panzer von bunten Glasperlen auf der Brust und einigen Perlenschnuren um den Hals; dahinter zwischen beiden die Hebamme (baba); rechts und links von beiden noch zwei andere und zwar verheiratete Taufzeuginnen aus der Parochie Reichwalde, davon die beiden äußersten in der charakteristischen großen weißen Radhaube (křidlata kapa) mit dem Rad um den Hals, die in der sächsischen Oberlausitz sonst nur von den ledigen Taufzeuginnen und Brautjungfern getragen wird; dahinter die zu den beiden Gruppen gehörigen männlichen Taufzeugen in der in jenen Gegenden obligaten Männermütze.
Bild 2. Hochzeitsgruppe aus Parochie Klitten. In der Reihenfolge von rechts nach links: 1. Hochzeitsordner (družba), 2. Bräutigam (nawoženja) und Braut (njewjesta), 3. die beiden Brautjungfern (družki), 4. die beiden Ehrenjungfern des Bräutigams (towariški), 5. die beiden Ehrenmütter (slonki), 6. dahinter die beiden Brautführer (swataj) und die beiden Ehrendiener des Bräutigams (towarišej), die zugleich Führer und Tänzer seiner beiden Ehrenjungfern sind, 7. weitere Hochzeitsgäste. Alle 6 genannten Mannspersonen haben um den niedrigen breiten Cylinder unterschiedliche bunte Bänder, sowie Bräutigam und družba je einen Strauß an der linken, die übrigen aber je zwei an beiden Seiten desselben, sodann haben alle noch einen Strauß auf der linken Brustseite und der družba außerdem über die Brust von der linken Achsel nach der rechten Hüfte die breite von der Braut gestickte und ihm geschenkte Schärpe (twjelco). – Die Braut unterscheidet sich von ihren beiden Brautjungfern besonders durch das große weiße Linnentuch, in welches sie ihren Oberkörper gehüllt hat; als Kopfschmuck tragen alle drei die „borta“ (Mütze von schwarzem Sammet), jedoch die erstere mit dem vergoldeten Brauthaarband (sliebornik) und dem Rautenkranz, die letzteren beiden aber nur mit dem Kranz von künstlichen Blumen und Silberflitter darauf. Die Ehrenjungfern des
Anmerkungen (Wikisource)
Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896). Wilhelm Hoffmann, Dresden 1897, Seite IV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:S%C3%A4chsische_Volkstrachten_und_Bauernh%C3%A4user_(1896).pdf/10&oldid=- (Version vom 8.6.2018)