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0220898010000E'n // / IND 82 T 20-11-60 ǝ16006-sn-pd#asn 573 Was auch kann ich dir sagen?"-fing sie leise an, du weisst es ja selbst... Ich sagte-ta's nicht... Doch ich hatte ja die Macht nicht.. Ich liebte dich und du bist ein Dieb geworden..." „Meinetwegen sagte Petro ,aber du weisst ja, dass ich es nicht getan habe, um ... du weisst ja, dass es sein musste..." „Ich weiss," erwiderte leise Horpyna. Alles das weiss ich... Was soll ich aber tun, wenn ich nicht kann ..., wenn es nicht in meiner Macht liegt, mich daran zu gewöhnen. Lieber wär ich Hungers gestorben, als dass das hätte geschehen sollen." Sie beugte sich immer tiefer zur Wiege herab. Was für ein Leben soll das jetzt werden?"... Kein Leben, eine Qual.. Habe ich das gewünscht, erhofft?" Und sie schluchzte bitter auf, indem sie sich über die Wiege warf und mit dem Kopf gegen deren Kanten schlug. Das erschreckte Kind war wach geworden und weinte auch. Aber Horpyna hörte es gleichsam nicht. Lange hatte sie ihre Qual verborgen und nun brach diese Qual in einem Tränenstrom hervor. Nur dass diese Tränen nichts nützten, dass sie das Leid aus der Seele nicht wegschwemmten. V. Petro wurde von einer noch grösseren Trauer erfasst. In der letzten Woche grämte er sich so ab, dass er nicht mehr zu erkennen war. In Petro's Haupt jagte ein Gedanke den anderen und es waren dies immer düstere, störrische Gedanken. Und eines Nachts fuhr es ihm durch den Sinn: Eingestehen? Dann sperren sie einen ein... Zusammen mit Diehen, Mördern... Und er, ist er denn kein Dieb? Nu, mögen sie mich in Fesseln schlagen, fortführen... Und der Sohn? Und Horpyna? Was wird aus dem Sohn dann? Was denn! Ist es jetzt vielleicht besser? Jetzt ist mein Weib nicht mein Weib- und mein Sohn gleichsam nicht mein Sohn... Ärger wird's nicht, uud Horpyna wird's vielleicht leichter sein, wenn sie mich nicht sehen wird. Und je mehr er darüber nachdachte, je mehr Lust bekam er zu erzählen, hinauszuschreien: ,Das bin ich!" ... Der Kopf wurde ihm schwindlig. Wie ein Besessener ging er herum und seine eingefallenen Augen leuchteten zuweilen so schrecklich auf, dass sich Horpyna manchmal vor ihm fürchtete. Da kam die Zeit, da er einen Entschluss fasste. Das war an einem Sonntag Seine Dienstzeit beim Herrn war aus und er lebte jetzt zu Hause. Er stand früh auf und machte sich schweigend in der Wirtschaft zu schaffen. Soll ich ihr alles sagen?" überlegte er. „Nein, das wäre schrecklich. Wenn es bereits geschehen ist, soll sie's erfahren." Und er schlenderte draussen herum und betrat nicht die Stube, denn es fiel ihm schwer, seine Frau anzusehen. So schleppte er sich bis Mittag herum. Nach- mittags kleidete er sich an, sah zu Horpyna hin und überlegte wieder: Sagen? Sie war schweigend neben dem Ofen beschäftigt und schaute sich nach ihm nicht um. Da wandte er sich um, bekreuzte sich und ging aus der Stube hinaus. Horpyna wunderte sich, dass Petro beim Fortgehen betete. Doch sie hielt ihn nicht zurück; es fiel ihr schwer, mit ihm zu sprechen. Auch jetzt noch liebte sie ihn und eben deswegen war es ihr umso schwerer ums Herz, wenn sie sich erinnerte, dass ihr Mann ein Dieb sei. Digitized by Google Original from INDIANA UNIVERSITY

Empfohlene Zitierweise:
: Ruthenische Revue, Jahrgang 2.1904. Verlag der Ruthenischen Revue, Wien 1904, Seite 573. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:RuthenischeRevue1904SelectedPages.pdf/485&oldid=- (Version vom 19.6.2022)