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Nach der Hochzeit fragte der Vater des Danylo: „Wie, heiratetest du den Danylo? Als hättest du nichts mit eigenen Augen gesehen; wer hätt’ auch im Leben gedacht, daß solch ein „Landstreicher“ heiraten werde.“

„Wie Ihr sehet, Herr Iwan, hab’ ich doch geheiratet“, sagt Danylo. „Sie gefiel mir wie jener Singvogel und mag nun auch in meinem Hause zwitschern!“

Mein Schwiegervater ist so gut, liebt mich, als wär’ er mein leiblicher Vater; und auch die Schwiegermutter scherzt und ist gnädig. Glücklich ist mein Schicksal und wohlgeraten, Gott sei’s gedankt! Nur im Frühjahr erinnerte ich mich daran, daß keine Freude ewig währe, als nämlich mein Danylo sich zum Auszuge zurüsten begann.

Ein unsagbarer Schmerz bemächtigte sich meiner, als ich ihn weit bis außerhalb des Dorfes begleitete; ich blieb stehen und sah um mich ringsherum – aber es war nichts zu sehen als grüne Steppen … Die Schwiegermutter tröstet mich und selber weint sie: „So hat es Gott gefügt, meine liebe Tochter!“ sagt sie, „daß Leid und Freud aufeinander folgen. Ich lebte mein Leben im Wohlstand, heiratete aus Liebe, meine Söhne sind wie Falken, aber trotzdem vergoß ich auch bittere Tränen. Früher rüstete ich auch meinen Mann auf den Weg aus und jetzt trenne ich mich von meinem Kinde und ich weiß nicht einmal, ob ich seine Wiederkehr erleben werde! Ich habe ein schönes Stück Leben hinter mir und vielleicht nimmt mich Gott bald zu sich; du aber bist jung, wirst seine Heimkehr erleben; weshalb also trauern? Dadurch wird nur das Gesichtchen elend und blaß und du wirst durch schlechtes Aussehen nur seine Besorgnis erregen.“

Auch Martha kommt manchmal gelaufen: „Was ist denn mit dir, Domache? Mein Kyrylo ist doch auch in die Krim! Wie abgehärmt siehst du doch aus, heilige Mutter Gottes! – wenn dein Mann vernünftig ist, so wird er dich kaum ansehen, so verändert hast du dich, – der meinige wird mich küssen und umarmen, denn ich werde ihm wie eine volle Mohnblume entgegenkommen.“ So suchten sie mich alle zu trösten und aufzuheitern[WS 1].

Qualvoll hatte ich den Sommer verlebt und der Herbst naht schon; alle Stunden laufe ich vor’s Tor, um zu sehen, ob sie noch nicht kämen? In der Nacht schließe ich kaum die Augen; mir träumt, daß das Tor knarrt, daß die Stimme meines Mannes irgendwo hörbar sei – eilends raffe ich mich auf und laufe heraus, – umsonst, es ist niemand da. Öde ist es und das Tor ist und bleibt geschlossen.

Um den Beginn des Herbstes und just gegen einen Sonntag zu, hatte ich einen sonderbaren Traum. Über unserem Hause ging der Vollmond auf, rot, ganz feuerrot; und drinnen im Monde befand sich ein weißer Hahn, der schlug mit den Flügeln und sang, sang so laut, daß es im Dorfe widerhallte. „Du hast einen guten Traum gehabt,“ sagt die Schwiegermutter, als ich ihr das erzählte, „du wirst sehen, unser Danylo kehrt bald heim. Wenn ein Mädchen vom Monde träumt, so bedeutet das einen Freier und wenn ein junges Weib von ihm träumt – so – kehrt ihr Mann bald heim, oder sie bekommt einen Sohn. Man muß nach Danylo ausschauen; wir werden es kaum merken, wie sie einrücken werden.“

Und wirklich, am nächsten Tage gegen Abend kehrte er hei[m], mein lieber, süßer Falke. Bald hatten wir uns auch schon zur Genüge ausgesprochen; jetzt erst erzähle ich ihm, was für einen sonderbaren Traum ich geträumt; einen Traum vom Vollmonde.

„Und mir,“ sagte er, mich innig an sich drückend, „mir träumte nur von einem Sternlein!“

Aus dem Ruthenisch-Ukrainischen übersetzt von Olga Kobylanska.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: anfzuheitern
Empfohlene Zitierweise:
: Ruthenische Revue, Jahrgang 2.1904. Verlag der Ruthenischen Revue, Wien 1904, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:RuthenischeRevue1904SelectedPages.pdf/129&oldid=- (Version vom 10.9.2022)