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Strobel. Ja, ich weiß Alles, meine Herren, und ich sage: mit Herrn Alsdorff geht der beste Student weg, der je gelebt hat.

Alsdorff. Still, ich bitte euch, macht mich nicht weich. Der Abschied wird mir ohnehin schwer genug. Fünfzehn Jahre habe ich in der Stadt gelebt, manchen trüben Tag und manche frohe Stunde – mir ist jedes Haus, jede Straße bekannt und lieb geworden. Jetzt muß ich fort. – Manche Generation von Musensöhnen ist an mir vorüber gegangen, die meisten haben ihren Weg gemacht, sind in Amt und Würden – aber ich habe immer mit Freude auf das Studentenleben geblickt, von dem ich jetzt scheiden muß. Brüder – aus euch soll es hervorgehen das Fortschreiten der Menschheit, das Besserwerden der Zeit, und: wohl unserm Lande, sein Kern ist gut – der deutsche Student ist ein Ehrenmann. Hier an meinem Scheidewege bringe ich euch das letzte Glas: es lebe der deutsche Student hoch und hoch und drei Mal hoch!

Alle (stimmen das letzte Mal mit ein).

Alsdorff. Und nun laßt uns scheiden. Wenn ich ein gutes Andenken bei euch zurücklasse, habe ich doch nicht umsonst gelebt, und wenn nur die Hälfte von dem wahr ist, was ihr mir nachsagt, darf ich doch nicht mit Scham auf meine Jahre zurückblicken. Lebt wohl, lebt Alle wohl! (Reicht die Hände herum.) Manch gutes Wort habe ich zu euch gesprochen, laßt es nicht umsonst geredet sein. Bewahrt euch den Sinn für das Schöne, im Schönen liegt das Gute – bewahrt euch das Streben nach der Wahrheit – denn die Wahrheit ist das Gute, bewahrt euch den Sinn für die Freiheit,

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Roderich Benedix: Das bemooste Haupt oder Der lange Israël. J. J. Weber, Leipzig 1846, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Roderich_Benedix_-_Das_bemooste_Haupt_(Leipzig_1846).pdf/86&oldid=- (Version vom 16.5.2023)