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Aeltern. Du weißt, sie waren niemals reich und das Wenige, was sie mir zurück ließen, reichte kaum hin, meine Studien zu vollenden und mein erstes Examen zu machen. Ich half mir fort durch Unterricht, bis sich mir eine Aussicht eröffnen würde. Meine Ansprüche sind nicht groß. Nur einen Platz wollte ich haben, wo ich wirken konnte, einen Platz wie mein guter Vater auf unserm Dorfe, wo ich der Freund, der Trost, die Zuflucht Aller sein könnte, die eines liebenden Seelsorgers bedürften. Doch – lag es an mir oder lag es am widrigen Geschick – bis jetzt habe ich meine Wünsche noch nicht erreicht.

Hauptmann. Und wie lebst du?

Alsdorff. Je nun, ich bin ein alter Student. Ich gebe Unterricht – und lebe.

Hauptmann. Aber wie?

Alsdorff (wehmüthig lächelnd). Wie ein armer, alter Student. – Von der zweiten Hälfte meines Lebens ein anderes Mal. Jetzt sprich, was hast du mir zu sagen?

Hauptmann. Du hast gestern Abend der Präsidentin Roth ein Spottständchen gebracht?

Alsdorff (nach einer Pause). Ja.

Hauptmann. Weshalb? Ich muß dich darüber zur Rede stellen.

Alsdorff. Was kümmert dich dieß Weib?

Hauptmann. Dieß Weib ist meine Braut.

Alsdorff. Nimmermehr!

Hauptmann. Alsdorff!

Alsdorff. Deine Braut mag sie sein, deine Frau soll sie niemals werden.

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Roderich Benedix: Das bemooste Haupt oder Der lange Israël. J. J. Weber, Leipzig 1846, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Roderich_Benedix_-_Das_bemooste_Haupt_(Leipzig_1846).pdf/50&oldid=- (Version vom 15.5.2023)