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Er ließ dich nicht mit uns hieher gelangen,
damit du nicht des Volks Mißhandlung durch die Babylonier
mitanschauen mußtest.

24
Es ist so, wie bei einem Vater,

der einen einzigen Sohn besitzt.
Wird dieser hingerichtet,
alsdann bedecken seinem Vater das Gesicht
die sich um ihn bemühen
und trösten wollen,
daß er des Sohnes Hinrichtung nicht schaue
und durch die Trauer größren Schaden leide.
Und so erbarmte sich auch deiner Gott
und ließ dich nicht nach Babylon kommen,
damit du nicht des Volks Mißhandlung schautest.
Seitdem wir hier in diese Stadt gekommen,
hört bei uns nicht die Trauer auf;
heut sind es sechsundsechzig Jahre.

25
Oft ging ich ja hinaus

und traf vom Volke viele an,
die aufgehängt vom König Nabuchodonosor,
in Tränen schrieen:
„Erbarm dich unser, o Gott Zar!“

26
Als ich dies hörte, ward ich traurig

und weinte doppelt heftig;
fürs erste, weil sie aufgehängt,
fürs zweite, weil sie einen fremden Gott anriefen
und sagten:
Erbarm dich unser!
Ich dachte aber an das Fest,
das wir einst zu Jerusalem gefeiert,
bevor wir weggeführt sind worden.

27
Da seufzte ich bei der Erinnerung auf,

ging schmerzbewegt und weinend heim.

28
Nun bete an dem Ort, wo du mit Abimelech weilst,

für dieses Volk,
auf daß es meine Stimme höre
und meines Mundes Vorschriften;
dann dürfen wir von hinnen ziehen!

29
Ich sag dir ja:

Die ganze Zeit, die wir hier waren,
da hielten sie uns an und sprachen:
„Singt uns ein Lied aus Sions Liedern
und den Gesang auf euren Gott!“
Da sagten wir zu ihnen:
„Wie können wir euch nur in fremdem Lande singen?“

30
Hernach band er den Brief

dem Adler an den Hals