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Nicht wegen Mords und nicht wegen Gottlosigkeit folterst du mich,
sondern wegen der Verteidigung des göttlichen Gesetzes.

16
Da sagten die Leibwächter zu ihm:

Willige doch ins Essen ein, dann wirst du der Foltern ledig!

17
Er aber sprach: Ihr schmutzigen Knechte!

Euer Rad ist nicht so mächtig,
daß es meine Vernunft erdrosseln könnte.
Zerschneidet meine Glieder! Verbrennet mein Fleisch!
Verrenket meine Gelenke!

18
Ich will euch durch alle die Folternqualen davon überzeugen,

daß einzig die Söhne der Hebräer in der Tugend unbesiegbar sind.

19
Auf diese Worte hin zündeten sie unter ihm ein Feuer an,

fachten es immer stärker an
und spannten ihn auf dem Rad immer weiter aus.

20
Da ward das Rad überall mit Blut befleckt;

der glühende Kohlenhaufe erlosch
durch die herabträufelnden Blutstropfen,
und die Fleischstücke wirbelten um die Maschinenachsen.

21
Schon begann ihm das Knochengerüst sich überall aufzulösen;

trotzdem gab der hochgemute Jüngling
und echte Abrahamssohn keinen Seufzer von sich.

22
Als wäre er im Feuer unzerstörbar geworden,

ertrug er edelmütig die Foltern.

23
Er rief noch: Brüder! Folgt meinem Beispiel!

Verlasset nicht euren Posten neben mir!
Schwöret nicht meinem Bruderbund, aus Edelsinn gebaut, ab!
Kämpfet einen heiligen, edlen Kampf um die Frömmigkeit!

24
Durch ihn möge die gerechte, den Vätern wohlbekannte Vorsehung

unserm Volke gnädig sein
und den verruchten Tyrannen bestrafen!

25
Mit diesen Worten gab der hochehrwürdige Jüngling den Geist auf.
26
Noch bewunderten alle seine Seelenstärke,

da schleppten die Wächter schon den Zweitältesten herbei;
dann zogen sie sich eiserne Handschuhe mit spitzen Krallen an
und banden ihn an die Maschinen und die Schwinge.

27
Dann fragten sie ihn, ob er essen wolle.

Als sie hierauf seine edelmütige Antwort vernahmen,

28
krallten ihm die Pantherbestien von den Nackensehnen

bis zum Kinn die eisernen Handschuhe ganz ins Fleisch
zogen an und rissen ihm die Kopfhaut ab.
Er aber ertrug standhaft diesen Schmerz und sprach:

29
Wie süß ist in jeder Form der Tod um unsern väterlichen Glauben!

Dann sprach er zum Tyrannen:

30
Glaubst du nicht, du rohester aller Tyrannen,

daß du jetzt schlimmer gefoltert wirst als ich?
Du mußt ja ansehen,
wie deine hochmütige tyrannische Vernunft
durch unsere Standhaftigkeit im Glauben besiegt wird.