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9
Wenn ihr mich aber durch euren Ungehorsam zornig machet,

dann zwingt ihr mich,
jeden von euch durch schreckliche Peinen hinrichten zu lassen.

10
Habt also Mitleid mit euch selbst,

die ihr sogar mich, euren Feind, wegen eurer Jugend und Schönheit dauert!

11
Wollt ihr nicht einsehen,

daß bei einer Weigerung nur eins für euch herauskommt: der Foltertod?

12
Nach diesen Worten befahl er, die Folterwerkzeuge herzubringen,

um sie durch die Angst zum Genuß der unreinen Speisen zu bewegen.

13
Und so brachten die Leibwächter Räder, Gliederverrenker, Winden, Kurbeln,

Schwingen, Kessel, Pfannen, Daumenschrauben, Eisenhände, Keile und Blasebälge.
Da sprach der Tyrann von neuem:

14
Ihr Bürschchen! Geratet nur in Angst!

Doch die Gerechtigkeit, die ihr verehrt, wird euch gnädig sein,
weil ihr nur gezwungen sündiget.

15
Sie hörten also Lockendes und schauten Grausiges;

aber sie gerieten nicht nur nicht in Angst,
sondern widersprachen weise dem Tyrannen
und machten so durch ihre richtige Vernunft seine Tyrannei zunichte.

16
Trotzdem wollen wir den Fall setzen,

einige von ihnen wären feige und unmännlich gewesen.
Was für Reden hätten sie denn wohl geführt?
Nicht folgende?

17
„Ach wir Armen! Wir größte Toren!

Ein König mahnt uns und ruft uns zum Empfang von Wohltaten.
Sollten wir da ihm nicht gehorchen?

18
Warum unsere Freude haben an leeren Launen

und todbringenden Ungehorsam wagen?

19
Wollen wir nicht, meine Brüder, die Foltergeräte fürchten

und die angedrohten Folterqualen bedenken
und so diesem leeren Wahn und verderblichen Großtun entsagen?

20
Wir wollen Mitleid haben mit unserer eigenen Jugend

und Erbarmen mit unserer alten Mutter.

21
Laßt uns beherzigen, daß auf unserm Ungehorsam der Tod steht!
22
Aber auch die göttliche Gerechtigkeit wird uns verzeihen,

weil wir, nur dem Zwang nachgebend, den König fürchten.

23
Warum selber uns dem lieben Leben entziehen

und uns der süßen Welt berauben?

24
Wir wollen nicht gegen die Notwendigkeit ankämpfen,

noch in unser eigenen Marter einen leeren Ruhm suchen!

25
Auch das Gesetz verdammt uns nicht zum Tod,

wenn wir, nur aus Furcht vor den Foltern, unfreiwillig handeln.

26
Woher stammt bei uns diese Rechthaberei,

und warum gefällt uns diese verhängnisvolle Hartnäckigkeit,
während es uns freisteht,
durch Gehorsam gegen den König ein geruhiges Leben zu führen?“

27
Doch nichts von all dem sprachen oder dachten die Jünglinge,

die vor der Folterung standen.