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2
und, umstürmt von des Tyrannen Drohungen

und überflutet von den Wogen der Martern,

3
wandte sie nicht um Haares Breite das Steuer der Frömmigkeit,

bis sie in den Hafen des siegreichen Todes einlief.

4
Keine Stadt ward je mit so vielen und verschiedenartigen Maschinen belagert,

und keine leistete solchen Widerstand wie jener Heilige.
Bedrängt an seiner heiligen Seele durch hochnotpeinliche Feuerqualen,
errang er den Sieg über die Belagerer;
denn die fromme Vernunft hielt ihren Schild über ihn.

5
Wie an einem Meeresvorsprung, so ließ der Vater Eleazar

sich der Triebe wütende Wogen an seiner Vernunft brechen.

6
O du des Priestertums würdiger Priester!

Du besudeltest nicht die heiligen Zähne;
noch beflecktest du durch unreine Speise deinen Körper,
der Frömmigkeit und Reinheit Sitz.

7
Du Gesinnungsgenosse des Gesetzes!

Du Philosoph eines göttlichen Lebens!

8
So sollten die Volksbeamten sein,

daß sie das Gesetz mit eigenem Blut und edlem Schweiß
selbst bis zu Todesleiden verteidigen!

9
Vater! Du bestätigtest unsere Gesetzesachtung

glorreich durch deine Ausdauer;
du priesest die Heiligkeit und ließest nicht darin nach;
du bewiesest durch die Werke die Wahrheit der philosophischen Reden.

10
Du Greis, stärker, als Foltern!

Du Alter, mächtiger als Feuer!
Du Großkönig über die Triebe, du Eleazar!

11
Wie einst der Vater Aaron

mit dem Räuchergefäß durch die Volksmenge eilte
und den Brandengel überwand,

12
so blieb Aarons Nachkomme Eleazar,

von des Feuers Schmelzhitze verzehrt, unerschüttert in der Vernunft.

13
Das Wunderbarste aber war:

Als die Muskeln des Körpers bereits erschlafft waren,
die Fleischteile sich überall lösten
und die Sehnen erlahmten,

14
da ward der Greis wieder jung durch den Geist der Vernunft

und machte so die vielköpfige Folter
durch die Isaaksvernunft unwirksam.

15
O seliges Alter! Du ehrwürdiges Silberhaar!

O gesetzestreues Leben, vollendet durch das wahrhafte Todessiegel!

16
Konnte nun ein Greis aus Frömmigkeit die Martern bis zum Tod verachten,

dann ist selbstverständlich die gottgeleitete Vernunft die Leiterin der Triebe.

17
Vielleicht möchten einige einwenden:

„Nicht alle Menschen haben über die Triebe Macht,
weil nicht bei allen die Vernunft erleuchtet ist.“

18
Die Antwort darauf lautet: