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alle Handlungen mit Unterscheidung auf die Gerechtigkeit hin zu richten.
Daraus sollen wir diese Lehre ziehen,
aber auch die, daß wir von allen andern Menschen unterschieden sind.

152
Die meisten andern beflecken sich im Verkehr, unter Verübung schweren Unrechtes;

ja ganze Länder und Städte rühmen sich noch dessen.
Denn sie gehen nicht allein mit Männern um,
sondern beflecken auch Mütter und Töchter.
Wir halten uns davon fern.

153
Wer die genannte Art der Unterscheidung besitzt,

der hat auch die Gabe der Erinnerung.
Denn alle zweihufigen und wiederkäuenden Tiere
versinnbilden den Einsichtigen die Erinnerung.

154
Wiederkäuen ist ja nichts anderes als Erinnerung an Leben und Bestehen;

denn das Leben besteht gewöhnlich durch die Nahrung weiter.

155
Darum mahnt er durch die Schrift also:

„Gedenke des Herrn, deines Gottes,
der an dir das Große und Wunderbare tat!“
Denn bei näherer Betrachtung erscheint groß und wunderbar fürs Erste
die Gestaltung des Leibes, die Aufnahme der Nahrung
und die Bestimmung eines jeden Gliedes.

156
Aber noch mehr zeugt von unendlicher Weisheit die Einrichtung der Sinne,

die Tätigkeit und unsichtbare Bewegung des Geistes,
der schnelle Tatentschluß und die Erfindung der Künste.

157
Darum mahnte er uns, dessen eingedenk sein,

daß alles Genannte durch göttliche Kraft und Anordnung erhalten wird.
Denn er bestimmte jede Zeit und jeden Ort dazu,
daß man sich beständig Gottes, des Herrschers und Erhalters, erinnere.

158
Er befiehlt nämlich,

bei Speise und Trank zuerst einen Teil als Opfer darzubringen
und dann erst zu genießen.
Auch an der Gewandung gab er uns ein Gedenkzeichen.
Ebenso befahl er,
an Tor und Türe die Sprüche zur Erinnerung an Gott anzubringen.

159
Selbst an den Händen heißt er ausdrücklich das Denkzeichen anlegen.

Damit zeigt er klar, daß wir jede Tat mit Gerechtigkeit ausführen müssen,
da wir einen Hinweis auf unsere Bestimmung, vor allem aber Gottesfurcht besitzen.

160
Er befiehlt auch,

sowohl im Ruhen als im Aufstehen und Umherwandeln die göttlichen Anordnungen zu betrachten;
man solle nicht bloß in der Rede,
sondern auch in Gedanken seine Erregung und seinen Eindruck beim Einschlafen
und das Aufwachen überlegen und bedenken,
wie wunderbar und unbegreiflich dieser Wechsel ist.

161
So ist dir nun die tiefe Weisheit

im Unterscheiden und Gedenken aufgezeigt,
zufolge unserer Erklärung der Zweihufigkeit und des Wiederkäuens.
Nicht zwecklos und gedankenlos ward das Gesetz gegeben,
sondern wegen der Wahrheit und der Anleitung zu richtigen Grundsätzen.