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Du wirst ganz unbehindert durch sie kommen,
desgleichen alle, die dir gleichen.

5
Solange Abraham noch dastand und sich wunderte,

trieb schon des Herren Engel
an sechzigtausend Seelen ins Verderben.

6
Da sagte Abraham zu Michael:

Ja, gehen diese alle ins Verderben?
Da sagte Michael zu ihm:

7
Jawohl; doch laßt uns gehen

und nachforschen bei diesen Seelen,
ob es darunter auch nur eine einzige gerechte gibt!

8
So gingen sie und trafen einen Engel,

der aus den sechzigtausend
nur eine einzige Weiberseele in den Händen hielt,
weil ihre Sünden ganz genau wie alle ihre Werke wogen
Und solche waren nicht in Drangsal noch in Ruhe,
vielmehr an einem Zwischenort.

9
Die andern Seelen aber brachte er in das Verderben.
10
Da sagte Abraham zu Michael:

O Herr! Ist das der Engel,
der aus dem Leib die Seele holt,
oder nicht?

11
Da sagte Michael:

Dass ist der Tod;
er führt sie zum Gerichtsort,
damit der Richter über sie das Urteil spreche.


10. Kapitel: Abrahams Reise ins Paradies
1
Da sagte Abraham:

Mein Herr, ich bitte dich:
Führ mich zu dem Gerichtsorte,
damit ich seh, wie sie gerichtet werden!

2
Darauf nahm Michael den Abraham auf einer Wolke mit

und führte ihn ins Paradies.

3
Und als sie an den Ort gelangten, wo der Richter war,

erschien der Engel
und stellte eine Seele vors Gericht.

4
Die Seele aber rief: Erbarm dich meiner, Herr!
5
Da sprach der Richter:

Wie kann ich denn mit dir Erbarmen haben,
da du mit deiner eignen Tochter
kein Mitleid hattest,
mit deines Leibes Frucht?
Warum hast du sie umgebracht?

6
Sie sprach: Ach nein, o Herr!

Ich habe keinen Mord verübt;
nur meine Tochter hat mich so verleumdet.