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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie

In lichter Waffen Scheine
ein Ritter nahte da,
so tugendlicher Reine
ich keinen noch ersah.
Ein golden Horn zur Hüften,
gelehnet auf sein Schwert,
so trat er aus den Lüften
zu mir, der Recke werth.
Mit züchtigem Gebaren
gab Tröstung er mir ein:
des Ritters will ich wahren,
er soll mein Streiter sein!


Telramund hält seine Beschuldigungen aufrecht und fordert Jeden zum Zweikampf heraus, der sich unterfangen möchte, an der Wahrheit seiner Aussagen zu zweifeln; doch Keiner will den blutigen Strauss mit dem Tapferen bestehen.

Eine höhere Macht soll nun entscheiden. Zum Gottesgericht drängen die Mannen. Als nun Elsa gefragt wird, wen sie zu ihrem Kämpfer erwählt habe, wiederholt sie zuversichtlich:


Des Ritters will ich wahren,
er soll mein Streiter sein.


Ihm, dem Gottgesandten, bietet sie Krone, Gut und Hand.

Dem Brauche gemäss, ladet der Heerrufer den Ritter und Retter Elsa’s zum Gotteskampfe. Ohne Antwort verhallt der erste Ruf, ein banges Stillschweigen folgt ihm. Noch einmal ertönen die Heerhörner und der Heerrufer wiederholt seine Mahnung. Umsonst! „In düst’rem Schweigen richtet Gott!“ Da, als die Noth am grössten, ereignet sich ein seltsames Wunder! Im glänzendsten Waffenschmucke, hoch aufgerichtet, steht ein Ritter im Nachen, welchen ein Schwan heranzieht. Alles drängt nach dem Ufer der Schelde: ein unerhörtes, nie geseh’nes Wunder ist geschehen! Jubelnd wird der gottgesandte Held begrüsst. Ein heller Schrei des höchsten Entzückens verräth, dass Elsa in der blendenden Erscheinung die Erfüllung ihres Traumes erblickt. Regungslos, wie festgebannt durch einen süssen Zauber, schaut sie nach dem Fremden, die Hände zum Dankgebet gefaltet.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie. Hanfstaengl’s Nachfolger, Berlin 1876, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Richard-Wagner-Galerie.pdf/43&oldid=- (Version vom 1.8.2018)