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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie

V.
LOHENGRIN’S ANKUNFT.


„Zum Kampf für eine Magd zu steh’n,
der schwere Klage angethan,
bin ich gesandt.“


Heinrich, der Deutschen König, erschien an der Spitze seines Heerbannes in Antwerpen, um mit den Fürsten, Edlen, Freien von Brabant „zu dingen nach des Reiches Recht.“ Nicht müssiger Ursache wegen that er diese Fahrt, die Noth des Reiches trieb ihn dazu, denn wiederum bedrängten die Ungarn von Osten her die deutschen Marken, nach neunjährigem Frieden rüstete sich mit wildem Drohen der alte Erbfeind. Zur Heeresfolge entbot der Herrscher auch die Männer von Brabant.

Schmerzliche Kunde war dem Könige geworden von der verwirrenden Zwietracht, in welche diess Land verfallen, seit es den Fürsten entbehren musste. Friedrich von Telramund, ein brabantischer Graf und „aller Tugend Preis“ soll der Drangsal Grund dem Schirmherrn Deutschlands mittheilen. Durch ihn erfahren wir: „Als der Herzog von Brabant starb, empfahl er meiner Obhut seine Kinder, Elsa, die Jungfrau, und Gottfried, den Knaben. Treulich pflegte ich diesen, – das Kleinod meiner Ehre wurde mir jedoch geraubt. Lustwandelnd ging Elsa mit dem Knaben einstmals zum Walde, aber ohne ihn kehrte sie zurück. Umsonst war alles Bemühen, die Spuren des Verlornen zu finden. Als ich drohend in Elsa drang, verriethen ihre bestürzten Mienen das Bekenntniss einer grässlichen Schuld. Entsetzen fasste mich und freiwillig entsagte ich dem Rechte auf ihre Hand, welches der Vater mir verliehen,


und nahm ein Weib, das meinem Sinn gefiel,
Ortrud, Radbod’s des Friesenfürsten Spross’.


„Ich bezichtige Elsa des Brudermordes! Mir gehört nun das Land, denn der Nächste bin ich von des Herzogs Blut! Traumselig ist die Maid, geheimer Buhlschaft zeih’ ich sie!“

Der König lässt die hart Beklagte rufen, ein strenges Gericht will er halten. O, wie erscheint sie licht und rein! Nur mit stummen Geberden antwortet Elsa, wie hart sie auch beschuldigt werden mag. Als Worte ihr wieder zu Gebote stehen, hört man von den bleichen Lippen nur die Klage um den armen Bruder. Nach des milden Königs theilnehmender Frage: was hast du mir zu vertrauen? erzählt Elsa einen wundersamen – Traum.

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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie. Hanfstaengl’s Nachfolger, Berlin 1876, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Richard-Wagner-Galerie.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)