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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie

Anhänger vergrösserte sich mehr und mehr, der „Lohengrin“ eroberte seit 1850 seinem Schöpfer die Herzen vieler Tausende im Sturm, die Reihen der Gegner lichteten sich, neue Werke entstanden, neue Pläne, neue Hoffnungen! Doch wäre es mit der Verwirklichung der höchsten Ideen, mit der Erreichung der letzten Ziele noch übel genug bestellt gewesen, wenn nicht eine gütige Fee dem oftmals verzagenden Kämpfer einen Beschützer zugeführt hätte, dessen huldreiches „Komm !“ sich zu einem mächtigen „Werde“ für den vielgeschmähten Meister gestaltete. König Ludwig von Bayern berief den Dichter des Lohengrin, den Schöpfer des musikalischen Drama’s nach München. Wie mit einem Zauberschlage waren die trüben Wolken verschwunden und ein heiterer Himmel lachte vielverheissend hernieder. Ein Umschlag der Stimmung trat auch bei der öffentlichen Meinung ein, man nahm Interesse an den Bestrebungen des kühnen Mannes, wer vordem über die „Träumereien“ gespottet, prüfte von nun an ernst und bedächtig die Offenbarungen des gottbegnadeten Sehers und las die Schriften des gewaltigen Denkers.

Tristan und Isolde und die Meistersinger von Nürnberg gelangten in München zur Aufführung, die ersten beiden Theile des Nibelungen-Ringes folgten ihnen nach und binnen wenigen Tagen wird das Hauptwerk des Meisters, die Summe seines ganzen künstlerischen Lebens in Bayreuth zur Darstellung kommen. Die Welt hat niemals ein bedeutsameres Ereigniss auf diesem Gebiete gesehen, möge die Welt dessen eingedenk bleiben und dem erhabenen Meister Jahrzehnte trüber Erfahrungen vergessen machen.

Richard Wagner lebt seit der Grundsteinlegung zu dem Bühnenfestspielhause (1872) in dem lieblichen Bayreuth, dort fand sein „Wähnen den Frieden“, dort landete Odysseus nach langer, trauriger Fahrt.



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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie. Hanfstaengl’s Nachfolger, Berlin 1876, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Richard-Wagner-Galerie.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)