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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie

statt „in litteris“ sich zu üben, Ouvertüren für grosses Orchester zu schreiben, von denen auch eine zum Entsetzen der Musiker und des Publikums aufgeführt wurde. Richard Wagner bezog die Universität Leipzig und fand in dem Cantor Weinlig den rechten Mann, um die versäumten und vernachlässigten musikalischen Studien mit Aussicht auf Erfolg wieder aufnehmen zu können. Zwar dauerte die Unterweisung des gründlichen Lehrers nur ein halbes Jahr, aber diese kurze Spanne Zeit hatte ausgereicht, um den gährenden Most in klaren Wein zu verwandeln. Zwei Erstlings-Compositionen, eine Sonate und eine Polonaise, zeigen bereits ein erfreuliches Gleichgewicht zwischen Wollen und Können. Schon in dem achtzehnjährigen Jünglinge war der Entschluss reif, ein Musiker zu werden; dem Schaffensdrange, der sich lebhaft und mannigfaltig äusserte, folgte das Bestreben, in praktisch musikalischer Thätigkeit seine Kräfte zu versuchen.

Richard Wagner ist heute unbestritten der erste Dirigent, mit dem kein Anderer sich messen kann; als solcher begann er – nach genügender Vorbereitung in Würzburg, wo der ältere Bruder Albert an der dortigen Oper engagirt war – seine Thätigkeit in Magdeburg. Im Herbst 1834 trat er sein Amt als Musikdirector des Stadttheaters an, das Verhältniss währte bis Ostern 1836. Die erste Oper Wagner’s, das Liebesverbot, gelangte (am 29. März 1836) hier zur einmaligen Aufführung. Wagner ergriff den Wanderstab. Die Versuche in Leipzig führten zu keinem Ziele, die Hoffnungen, in Berlin das Liebesverbot zur Aufführung zu bringen, verwirklichten sich nicht, die äusseren Lebensumstände waren misslich genug, und Wagner bewarb sich um die Musikdirectorstelle in Königsberg. Er wurde gewählt, der Bankerott des Theaters machte seinem Wirken jedoch ein schnelles Ende und Wagner ging 1837 als Dirigent nach Riga. Hier entstanden die ersten Acte des Rienzi, hier die ersten Keime zum Fliegenden Holländer. Bereits im Jahre 1839 verliess Wagner Riga, zu neuen Thaten trieb es den starken Helden: über London nach Paris! Damals konnte ein deutscher Opern-Componist nur in seinem Vaterlande reussiren, wenn es ihm gelang, zuvor in dem Babel dort an der Seine einen glänzenden „Succés“ zu erringen.

Aus den Pariser Leidensjahren ist die Vollendung der Opern Rienzi und Fliegender Holländer zu erwähnen. Die böse Zeit erreichte ihren Abschluss im Frühling 1842. Germania gewann einen ihrer besten Söhne wieder. Rienzi war in Dresden zur Aufführung angenommen worden und sein bedeutender Erfolg trug dem Dichter-Componisten die Ernennung zum sächsischen Hofkapellmeister ein. In Dresden wirkte Richard Wagner bis zum Jahre 1849. Tannhäuser und Lohengrin entstanden hier und die Anfänge der Meistersinger, die ersten Entwürfe zu der Niebelungen-Trilogie (Siegfried’s Tod) datiren aus jener Zeit. Die hochgehenden Wogen der politischen Umwälzungen brachten auch das Lebensschifflein des deutschen Meisters ausser Cours, Wagner lebte ein ganzes Jahrzehnt im Exil, zumeist in der gastfreundlichen Schweiz, die Notenfeder mit der Feder des Schriftstellers vertauschend und bessere Zeiten erwartend. Sie kamen, die freundlichen Tage, der Kreis theilnehmender Freunde und begeisterter

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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie. Hanfstaengl’s Nachfolger, Berlin 1876, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Richard-Wagner-Galerie.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)