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Und nun legte er feierlich die eine Hand aufs Herz und reichte ihr die andre: „Heirate mich und sei mein Weib, — damit wie du ich froh und glücklich sei.“ Ellen schlug ein, der lärmende Chor rief Bravo und wollte Markus mit an den Tisch ziehen, aber er schlug seinen Mantel um sich und wandelte stumm hinaus.

„Also Ellen,“ sagte Leon wie in tiefem Nachdenken. „Ellen — die furchtbar tolle Ellen.“


Von nun an war Ellen tagtäglich mit ihren neuen Bekannten zusammen. Kam sie morgens an den Strand hinunter, so sah sie schon von ferne Leon mit beiden Armen winken und hörte seine jubelnde Stimme: „Da kommt sie, da kommt meine tolle Ellen“, und dann schwenkte er sie im Kreise rundum, bis sie um Gnade bat und beide sich außer Atem ins Gras warfen. Für jeden Tag wußte er neue Unternehmungen, sie ruderten und segelten, wanderten zur Ebbezeit weit auf den festen, grauen Schlamm hinaus, spannten des Strandwirts Ackergäule vor einen klappernden alten Leiterwagen, fuhren von Dorf zu Dorf und durchschwärmten nach der Rückkehr die halben Nächte im Freien vor den Gasthäusern. Es war ein ununterbrochenes Fest; wo sie hinkamen, gab es Leben und übermütigste Lust. Ellen gab sich diesem stürmischen Sommerleben in gedankenloser Freude hin. Bald war ja ihre Zeit sowieso abgelaufen — Reinhard war zu seinen Eltern gereist, und wenn er zurückkam, wollten sie noch ein paar Tage zusammensein, dann kam München. Es lag alles so klar und froh vor ihr, sie schrieb glückselige Briefe an Reinhard und erzählte ihm von ihren Freunden und den tollen Fahrten.

Der Tag ihres Scheidens rückte heran, und es kam hier und da ein wehmütiger Ton in ihr Beisammensein mit dem frohen Gefährten.

„Kind, Kind, nun soll ich dich hergeben,“ sagte Leon, „und du gehst ebenso lachend fort, wie du gekommen bist.“

Dann wurde sie wohl einen Augenblick ganz still,

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 622. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0622.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)