Seite:Reventlow Herrn Dames Aufzeichnungen.pdf/84

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

übernächtig, und Willy liest ihnen ein Gedicht aus des Knaben Wunderhorn vor:

Maria, wo bist du zur Stunde gewesen?
Maria, mein einziges Kind? —
Ich bin bei meiner Großmutter gewesen,
Ach weh, Frau Mutter, wie weh!

Ich kannte das Gedicht — die Großmutter hat ihr Schlangen zu essen gegeben, und sie stirbt daran.

„Pfui, warum lesen Sie ihr das vor?“ sagte Konstantin vorwurfsvoll.

„Weil es so auf sie paßt.“

„Auf mich?“ fragte Maria ganz abwesend, und alle lachen. Sie scheint gar nicht zu wissen, wovon die Rede ist.

„Und das schwarzbraune Hündlein, das auch von den Schlangen frißt und in tausend Stücke zerspringt, — das werden Sie wohl sein, Konstantin,“ meinte Willy etwas unliebenswürdig — Konstantin lächelt nur, er ist wirklich ein hübscher Kerl, und ich begreife, daß die Mädchen hinter ihm her sind. Dann Orlonski:

„Katerunterhaltung ist das — —“ er versorgt uns mit schwarzem Kaffee, und sein eisernes Schuppenhemd klirrt, wenn er sich bewegt — „bleiben Sie bei uns, Maria, wir geben Ihnen nicht Schlangen zu essen, bis Sie kaput sind.“

„Nein, bei euch ist es zu friedlich, — ich muß wohl

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)