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„heidnische Blutleuchte“ in vielen Individuen gleichzeitig. So war in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts große heidnische Blutleuchte. Delius fand seine Weltanschauung — Nietzsche schrieb den Zarathustra — in der damaligen Jugend gärte es — König Ludwig II. versuchte seine phantastischen Ideen auszuleben — — —“

„Oder heuer im Karneval,“ warf Maria dazwischen, „Monsieur Dame läßt sich zu einem wahnmochinger Fest verurteilen und Chamotte empfindet sich als Sklave, weil man ihn schwarz angestrichen hat.“

„Maria, unterbrechen Sie mich nicht,“ sagte der Philosoph, „hören Sie lieber gut zu. Es würde Ihnen gar nicht schaden, wenn Sie auch etwas von diesen Geschichten begreifen lernten.“

„Ach Gott, ich vergesse es ja doch gleich wieder,“ antwortete sie resigniert und zündete sich eine neue Zigarette an.

„Also — eben Ihr Freund Hallwig lehrt, daß nicht wir handeln, dichten, träumen und so weiter, sondern die Ursubstanzen in uns. Über die Rangordnung der historischen Substanzen dürften er und Delius wohl etwas uneinig sein, da dieser die römische, jener die germanische für sich gepachtet hat. Immerhin gelten beide für kosmisch, die semitischen dagegen immer für molochitisch — Herr Dame, sehen Sie mich nicht so verzweifelt an und brechen Sie nicht immer ihren Bleistift

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.8.2018)