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Dame — aber warum nicht? Sind wir nicht ebenso berechtigt, Orgien zu feiern, wie die alten Römer und Griechen? Ich dachte, gerade Sie mit ihrem jungen Sklaven müßten Sinn dafür haben“ — dabei warf er mir einen verständnisvollen Blick zu, über dessen Bedeutung ich mir nicht recht klar war. (Chamotte stand den ganzen Abend hinter mir oder Susanne und bediente uns.)

Wieder trat Susanna mich auf den Fuß und sagte:

„Der Meister ist auch da — sehen Sie, dort geht er mit einem seiner Adoranten; daß er auf ein Fest geht, ist ein Ereignis.“

Sie hatte leise gesprochen, aber Frau Hofmann mußte es doch aufgefangen haben, denn sie sagte lächelnd:

„Liebe Susanna, Sie irren sich — er ist nicht hier. Der Herr, den Sie meinen, hat nur seine Maske gemacht — aber wirklich täuschend, nicht wahr?“

„Frau Professor,“ antwortete Susanna, und ich bewunderte ihren Mut, „ich bin beim Theater gewesen und gehe jede Wette ein, daß es keine Maske ist —“

„Ach, was ist Theater?“ beharrte Frau Hofmann immer noch lächelnd, aber wie Märtyrer unter Foltern lächeln — „ich kann Sie versichern, daß er es nicht ist.“

Der so Umstrittene befand sich ziemlich in unserer Nähe, und ich mußte Susanna recht geben — das konnte keine Maske sein. Und es lag etwas in seiner Erscheinung, was mir großen Eindruck machte.

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)