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zeigte deutlich, daß er die Substanz des Meisters wohl fühlte, nicht aber beurteilen konnte — —“

„Wieso?“ fragte einer von den Herren, der nicht dabei gewesen war. Der Dichter maß ihn mit einem überlegenen Blick und wandte sich wieder an die Dame, die zuerst gesprochen hatte:

„Sie haben es ja selbst gehört — er bezeichnete sie als unecht und theatralisch — und weshalb — weil er eben nicht ahnte, um wen es sich hier handelt — weil er sich die hier verwirklichte Größe aus seinem engen Gesichtskreis heraus nicht vorstellen konnte. So half er sich mit der These des Theatralischen darüber hinweg. — Für uns nur wieder eine neue Bestätigung, wie wenige der Erkenntnis des einzig und wahrhaft Großen würdig sind.“

Die Dame hatte beide Ellbogen auf den Tisch gestützt und hörte mit leuchtendem Blick zu:

„Ja, ja, so ist’s, wir fühlten es ja auch alle — aber wie klar und schön Sie es jetzt ausgelegt haben.“

„Es ist so klar, daß es kaum noch einer Auslegung bedurfte — zudem hatte der Meister den bewußten Ring erst seit einem Jahr getragen, und seine Substanz war zweifellos noch mit fremden früheren Substanzen gemischt — das mußte die Beurteilung bedeutend erschweren.“

Darauf entstand eine Pause, und dann sagte die Dame sehr nachdenklich:

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)