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„Er ist ein orientalischer Priester,“ erklärte Susanna, „und es gehört dazu, daß er uns nicht kennt. — Überhaupt zu seinem Stil; er gilt gerne für verschlossen und herrisch.“

Es war schon spät; in der Mitte des Zimmers begann jetzt ein weibliches Wesen, anscheinend eine Mänade, die fast nur in rote Schleier gehüllt war und Hörner auf dem Kopfe trug, Solo zu tanzen, — alles schob sich zur Seite, um zuzuschauen. Delius in seinem schwarzen Gewande schritt um die Tanzenden herum und ließ leise seinen Triangel ertönen. Ich erkannte die schwarze Malerin, die ich bei Heinz gesehen.

„Das ist die ‚Murra‘,“ sagte Susanna leise, „ich weiß nicht, wie sie sonst heißt. Der Petersen ist Bildhauer und hat sie kürzlich als ‚erdhaftes Weib‘ modelliert — es ist nur ein Kopf, der nicht recht aus dem Stein heraus will. Er sollte eigentlich die Urzeit heißen, aber irgend etwas stimmte nicht, und er taufte es dann die ‚Murra‘. Der Name soll eben das Dunkle, Erdhafte wiedergeben. Man fand es enorm, und das Mädchen ist sehr stolz darauf.“

Der Panther hörte aufmerksam zu und schien sich nicht besonders zu wundern, — er muß doch nicht ganz fremd in Wahnmoching sein.

Die „Murra“ tanzte und bog sich in verzückter Gelenkigkeit vorwärts — rückwärts, — man hatte manchmal Angst, sie könnte ohne weiteres durchbrechen.

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Fanny Gräfin zu Reventlow: Herrn Dames Aufzeichnungen. Albert Langen, München 1913, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Herrn_Dames_Aufzeichnungen.pdf/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)