Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 156.jpg

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Bayard erhaltenen 500 Ducaten die verlohrne Unschuld seines Mädchen bezahlen sollen, und die nachher, als er durch der Geliebten Zusicherung vom Gegentheile überzeugt wird, überströmenden Gefühle der Freude, und der Dankbarkeit, sehr treffend.

Madame Langerhans bezeichnete durch ausdrukvolles Spiel die Macht leidenschaftlicher Liebe, und argwöhnischer Eyfersucht, im weiblichen Herzen. Jene bestimmte Miranden zur thätigen Heldin, diese wurde durch Bayards Betragen bis zur freundschaftlichen Theilnahme an dem Schiksale ihrer anerkannten Nebenbuhlerin veredelt; die richtigsten Abstufungen in so contrastirenden Situationen geriethen der Künstlerin fast alle. Der männliche Anzug kleidete Madame Langerhans überaus gut – aber gewundert habe ich mich, daß sie, bey ihrer Theaterroutine, den großen Fehler begehen, und in der 2ten Scene des V. Act ihrem Gesichte nicht den mindesten leichenähnlichen Anstrich verschaffen, konnte. Miranda ist an einer Wunde, die unumgängliche Verblutung nach sich gezogen haben mußte, gestorben, wenigstens zwölf Stunden waren seitdem, bis zu dem Zeitpunkte verfloßen, da der Leichnam auf der Bühne anschaulich wird, und das Gesichte der Madame Langerhans zeigte sich noch in blühender Röthe! Sie glaubt vielleicht, eine richtig nachgeahmte Leichengestalt mache gar zu rebutanten Eindruk aufs Amphitheater, ich kann ihr diesfalls auch nicht gerade zu widersprechen, und erinnere sie blos an ihre Darstellung der wahnsinnigen Ophelie im Hamlet, wo sie ohne so dringende Nothwendigkeit, als in der Rolle der wirklich todten Miranda, mit einem Gesichte aus dem kein Blutstropfen hervorscheint, auftritt. Der einzige Ausweg bliebe hier noch offen, daß, da man Mirandens ganzen übrigen Körper leicht erkennen kann, ihr Kopf mit einem undurchsichtigen Flohre bedeckt würde, den allenfalls Herr Herzfeld, ohne iedoch das Leichenantliz den Zuschauern zu zeigen, auf einige Augenblike lang zur Beförderung seiner eignen