Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 134.jpg

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Ereigniße auf die sinnlichen Gefühle minutenlang seine ganze Wirkung verliehren kann.

Herr Solbrig hat das 17te Stük dieses Journal gelesen, er hat meine Raisonements über seine Darstellung des Hamlet, dem 23. Januar, geprüft, und nach eigenem Gefühle bewährt gefunden, er hat meine rathgebenden Winke nicht verachtet, sondern fast alle befolgt, und dieses durch sein heutiges Spiel, deutlich bewießen, in welchem er sich gegen neulich selbst übertraf. Mein Egoismus macht hier nicht etwa dem Künstler ein schmeichlerisches Compliment, sondern ich habe die heutige Erfahrung, als Zeugin für die eben niedergeschriebene Wahrheit, auf meiner Seite. Denn in der 10ten Scene des III. Act bey dem Monologe: „Seyn, oder nicht seyn? etc.“ und in der nachherigen Unterhaltung mit Ophelien hob sich Herr Solbrig so unläugbar auf die höchsten Stufen der dramatischen Vollkommenheit, daß er dadurch den größten Theil des staunenden Publikum zu lauten Applaudißements, noch vor dem Schluße derselben, hinriß. Er wurde dabey von der an seiner Seite stehenden Künstlerin ungemein unterstüzt; iedes Wort was Hamlet sprach, bewirkte tiefe Erschütterung in Ophelien, und meisterhaft nuancirte Madame Langerhans im Gebehrdenkrampfe ihrer Phisiognomie, im abwechselnden Zuken und Starren ihrer Augen, im zur rechten Minute sichtbar werdenden Tremuliren ihres ganzen Körper, diese Erschütterung. Es war in der That für ieden Kenner und Verehrer der höhern Kunst seltne Wonne, einen solchen Hamlet, eine solche Ophelie nebeneinander zu sehen. – – In der 1ten Scene des IV. Act