Johann Friedrich Ernst von Brawe (1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1.–13. Stück) | |
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Im gesellschaftlichen Umgang, bey Tische,
beym Koffee, beym Thee, beym Gläschen Wein
oder Punsch, im Knaster Dampf, wird so Manches
besprochen. Auch über dieses Theater-Journal
wird bey solchen Gelegenheiten noch
mancher Tadel, manches Lob, gerecht und
ungerecht, gerade und schief, hervor treten.
Geschieht es in meiner Abwesenheit, so ist
die Sprichwortsregel: was man nicht weiß
macht einen nicht heiß, anwendbar, bin ich
dabey gegenwärtig, so hängt es, nach jenem
erwähnten Vorrechte, immer von meiner freyen
Willkür ab, ob ich mich in den Diskurs mischen,
ob ich aufgeworfne Fragen beantworten,
welchem gefällten Urtheile ich beytreten,
oder ob ich auf dem meinigen beharren, mir
aus dem, was ich hörte, das Beste zur
nüzlichen Anwendung stillschweigend abstrahiren,
blos stummer Zeuge der Conversation
bleiben will? – Sobald mein Ich in direkten,
mir widrigen, Anspruch genommen wird,
bleibt es mir ja unbenommen, jeden Anspruch,
der mir lästig fällt, an den Autor des raisonirenden
Theater-Journals höflichst zu verweisen.
Ganz etwas Anderes aber wird es seyn, wenn ein Freund und Vertrauter, deren ich zwar nicht viele, aber doch Manchen, sehr schätzbaren, habe, mir zur Seite tritt, mir über meine Schriftstellerey einen belehrenden Wink gibt, mir einen wohlgemeinten Rath ins Ohr sagt. – Dann werde ich gewiß zu jeder mündlichen Explication mich willig hingeben; solche Winke, solcher Rath, sollen nie den wirksamsten Eindruck auf mich verfehlen,
Johann Friedrich Ernst von Brawe (1746–1806): Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1.–13. Stück). Friedrich Hermann Nestler, Hamburg 1800, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Raisonirendes_Journal_vom_deutschen_Theater_zu_Hamburg_(1800)_Seite_019.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)