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Ritornellen, als in den Solosätzen, der möglichsten Kürze befleißigen. 2) Das Ritornell muß melodisch, harmoniös und ausdrückend gesetzet seyn. 3) Die Hauptstimme muß einen solchen Gesang haben, der zwar einigen Zusatz von Manieren leidet; doch aber auch ohne denselben gefallen kann. 4) Der Gesang von der Hauptstimme muß, mit den dazwischen vermischten Tuttisätzen, concertiren. 5) Dieser Gesang muß eben so rührend und ausdrückend gesetzet werden, als wenn Worte darunter gehöreten. 6) Dann und wann muß etwas vom Ritornell angebracht werden. 7) Man darf nicht in allzuviele Tonarten ausweichen; als welches an der Verkürzung am meisten hinderlich ist. 8) Das Accompagnement unter dem Solo muß mehr platt, als figuriret seyn: damit die Hauptstimme nicht gehindert werde, Auszierungen zu machen; sondern völlige Freyheit behalte, mit Beurtheilung, und auf eine vernünftige Art, viel oder wenig Manieren anzubringen. Endlich muß man 9) das Adagio durch ein solches Beywort zu charakterisiren suchen, welches den darinne enthaltenen Affect deutlich ausdrücket: damit man das erfoderliche Tempo leicht errathen könne.

38. §.

Das letzte Allegro eines Concerts muß sich nicht nur in der Art und Natur, sondern auch in der Tactart, vom ersten Satze sehr unterscheiden. So ernsthaft das erste seyn soll; so scherzhaft und lustig muß hingegen das letztere seyn. Diese nachbenannten Tactarten, als: 2/4, 3/4, 3/8, 6/8, 9/8, 12/8 Tact, können hierbey gute Dienste thun. Niemals müssen in einem Concert alle drey Sätze in einerley Tactart gesetzet werden: sondern wenn die ersten zweene Sätze im geraden Tacte stehen: so muß der letzte im Tripeltacte gesetzet seyn. Ist aber der erste im geraden, und der zweyte im Tripeltacte: so kann der letzte sowohl im Tripel- als im Zweyviertheiltacte gesetzet werden. Niemals aber darf er im gemeinen geraden Tacte stehen: weil dieser zu ernsthaft wäre, und sich also eben so wenig zum letzten Satze schicken würde, als der Zweyviertheil- oder ein geschwinder Tripeltact bey dem ersten Satze eine gute Wirkung thun würde. Es dürfen auch nicht alle drey Sätze ihren Anfang in eben demselben Tone nehmen: sondern wenn die Oberstimme bey dem einen im Grundtone anfängt; kann sie bey dem andern in der Terze, und bey dem dritten mit der Quinte anfangen. Der letzte Satz geht zwar aus der Tonart des ersten: doch muß man in Ansehung der Modulationen sich hüten,

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Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_299.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)