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bey den Viertheilen, die Achttheile, und den den Achttheilen, die Sechzehntheile, richtig und ohne vieles Nachdenken von sich selbst ein: auch bekommen die Noten dadurch einen unterhaltenen Klang, und das Instrument wird angenehmer. Da hingegen, wenn dieses nicht beobachtet wird, die Seyten durch den geschwinden Rückfall der Federn, an dem erfoderlichen Schwunge zu zeitlich gehindert werden: und also der natürliche Ton, so im Instrumente liegt, nicht so wie er soll, heraus kommen kann. Nicht zu gedenken, daß auch widrigenfalls unter dem Staccato und andern Noten kein Unterschied bleiben würde. Bey einem Sostenuto aber, müssen die Finger ganz bis zur folgenden Note liegen bleiben.

31. §.

Wenn in einem Adagio, bey einem Einschnitte, beyde Stimmen pausiren, und die Oberstimme, mit einer Note im Aufschlage des Tacts, allein anzufangen hat, die folgende Note im Niederschlage aber eine Quarte, Quinte, Sexte, oder Septime höher steht, allwo der Solospieler Freyheit hat, eine willkührliche Auszierung anzubringen: so muß der Begleiter, dessen erste Note, bey solchen Fällen, gemeiniglich erst mit dem Niederschlag wieder anfängt, so lange warten, bis die Oberstimme die Note im Niederschlage berühret; und darf sich im Zeitmaaße nicht übereilen: weil solches bey dergleichen Fällen, nicht nach der Strenge genommen wird. Hat aber die Hauptstimme Bindungen, oder sonst haltende Noten, der Baß aber Bewegungen darunter: so muß der Accompagnist das Zeitmaaß nach der Strenge beobachten; und findet hierbey kein Nachgeben statt: weil der Solospieler verbunden ist, sich mit den Auszierungen nach dem Basse zu richten.

32. §.

Was bisher gesaget worden, geht hauptsächlich das Adagio an. Ob nun wohl, in geschwinden Stücken, nicht alles nach der Strenge, die bey dem Adagio erfodert wird, beobachtet werden kann: so kann doch das meiste von dem, was zu der Discretion und dem Ausdrucke gehöret, auch bey dem Allegro angewendet werden. Hauptsächlich aber kömmt es bey dem Allegro darauf an: daß der Accompagnist das Zeitmaaß nach der größten Strenge halte, und sich weder schleppen lasse, noch eile; daß er in der linken Hand eine Fertigkeit besitze, alles deutlich und rein zu spielen: wozu überhaupt die Instrumentalmusik vortheilhafter ist als die Singmusik: weil bey dieser nicht so viel Fertigkeit und Feuer, als bey jener erfodert werden kann; daß er, wenn viele Achttheile auf einem Tone

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Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_237.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)