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die kleine Terze mit der übermäßigen Quarte, die falsche Quinte mit der großen Sexte, die übermäßige Sexte, die mangelhafte Septime, die Septime mit der Secunde und Quarte, erfordern noch mehr Nachdruck, als die übrigen; und müssen deswegen von dem Accompagnisten, vermittelst eines stärkern Anschlags, noch kräftiger vorgetragen werden.

14. §.

Um die Sache noch deutlicher zu machen, will ich über die vorerwähnten Dissonanzen, und über den Unterschied ihres Ausdrucks, in Ansehung der Mäßigung und Verstärkung, ein Exempel beyfügen, s. Tab. XXIV, Fig. 1; woraus man deutlich wird ersehen können, daß das Piano und Forte, um die Affecten gehörig auszudrücken, bey der Ausführung, eines der nöthigsten Dinge sey. Man spiele dieses Exempel etliche mal, so, wie es mit dem Piano, Pianissimo, Mezzo forte, Forte, und Fortissimo bezeichnet ist:[1] hernach wiederhole man es in einerley Stärke des Tones; und gebe dabey, sowohl auf die Verschiedenheit der Ziffern, als auch auf die eigene Empfindung wohl Achtung. Ich bin versichert, wenn man sich nur erst ein wenig, ohne Vorurtheil, an diese Art zu accompagniren gewöhnet hat; wenn man die verschiedenen Wirkungen der Dissonanzen erkennen lernet; wenn man auf die Wiederholungen der Gedanken, auf die haltenden Noten, welche die Lebhaftigkeit unterbrechen, auf die Betrugsgänge, so öfters bey den Cadenzen vorkommen, und auf die Noten, welche zu einer fremden Tonart führen, und die durch das Kreuz oder eckigte erhöhet, oder aber durch das runde erniedriget werden, genau Acht hat; ich bin versichert, sage ich, daß man alsdenn das Piano, Mezzo forte, Forte und Fortissimo, ohne daß es dazu geschrieben ist, sehr leicht wird errathen können. Ich theile dem oben gesagten zu Folge, die Dissonanzen, in Ansehung ihrer Wirkungen, und des darnach einzurichtenden Anschlags, um mehrerer Deutlichkeit willen, in drey Classen ein. Die erste bezeichne ich mit mezzo forte; die zweyte mit forte; und die dritte mit fortissimo. Zur ersten Classe mezzo forte kann man rechnen:

Die Secunde mit der Quarte,
Die Quinte mit der großen Sexte,
Die große Sexte mit der kleinen Terze,
Die kleine Septime mit der kleinen Terze,
Die große Septime.

  1. Wo das Mezzo forte steht, muß man nicht die Note über dem M, sondern die über dem F verstehen: weil es der Raum nicht anders zu schreiben erlaubet, s. die Anmerkung zum 19 §. des folgenden Abschnitts.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)