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Hand, durch eine Octave höher, verdoppelt. Denn so wenig ein Componist zu allen Melodieen, ein drey- vier- oder fünfstimmiges Accompagnement der Instrumente sehen kann noch muß; wofern dieselben nicht unverständlich, oder verdunkelt werden sollen: eben so wenig leidet auch eine jede Melodie ein beständiges vollstimmiges Accompagnement auf dem Claviere: weswegen ein Accompagnist sich mehr nach der Sache selbst, als nach den allgemeinen Regeln des Generalbasses richten muß.

5. §.

Ein vollstimmiges und mit vielen Instrumenten begleitetes Stück, erfodert auch ein vollstimmiges und starkes Accompagnement. Ein mit wenig Instrumenten besetztes Concert, verlanget in diesem Stücke schon einige Mäßigung; besonders unter den concertirenden Stellen. Man muß alsdenn Acht haben, ob dieselben Stellen nur mit dem Basse allein, oder auch mit den andern Instrumenten begleitet werden; ob die concertirende Stimme schwach oder stark, in der Tiefe oder Höhe spiele; ob sie aneinander hangende und singende, oder springende Noten, oder Passagien auszuführen habe; ob die Passagien gelassen oder feurig gespielet werden; ob dieselben consonirend sind , oder ob sie, um in eine fremde Tonart auszuweichen, dissoniren; ob der Baß eine langsame oder geschwinde Bewegung darunter hat; ob die geschwinden Noten des Basses stufenweise oder springend gesetzet sind; oder ob sie zu vieren oder achten auf einerley Tone vorkommen; ob Pausen, oder lange und kurze Noten unter einander vermischet sind, ob das Stück ein Allegretto, Allegro, oder Presto ist, davon das erste, bey Instrumentalsachen, ernsthaft, das andere lebhaft, das dritte aber flüchtig und tändelnd gespielet werden muß; oder ob es ein Adagio assai, Grave, Mesto, Cantabile, Arioso, Andante, Larghetto, Siciliano, Spiritoso, u. s. w. ist, von denen ein jedes, so wie in der Hauptstimme, also auch im Accompagnement einen besondern Vortrag erfodert. Wird solcher von einem jeden recht beobachtet: so thut auch das Stück bey den Zuhörern die gesuchte Wirkung.

6. §.

Bey einem Trio muß der Clavierist sich nach den Instrumenten, die er zu begleiten hat, richten; ob solche schwach oder stark sind; ob bey dem Claviere ein Violoncell ist, oder nicht; ob die Composition galant oder gearbeitet ist; ob der Clavicymbal stark oder schwach, auf- oder zugedecket ist; und ob die Zuhörer nahe oder entfernet sind. Denn der Clavicymbal rauschet und klingt zwar stark in der Nähe; in der Ferne

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Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_224.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)