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großen Musik, besonders in einem Orchester, wo einer den andern nicht allezeit sehen, noch recht hören kann, zu erhalten.

2. §.

Hierzu wird eine besondere Deutlichkeit im Spielen erfodert; welche aber die wenigsten auf diesem Instrumente besitzen. Vieles kömmt dabey auf ein gutes Instrument an; Vieles aber auch auf den Spieler. Ist das Instrument allzugroß, oder allzustark bezogen, so klingt es undeutlich, und ist dem Gehöre nicht vernehmlich. Weis der Spieler mit dem Bogenstriche nicht so, wie es das Instrument erfodert, umzugehen; so bleibt derselbe Fehler.

3. §.

Das Instrument an sich, thut bessere Wirkung, wenn es von mittelmäßiger Größe, auch nicht mit fünf, sondern nur mit vier Seyten bezogen ist. Denn die fünfte Seyte müßte, wenn sie mit den andern in rechtem Verhalte stehen sollte, schwächer als die vierte seyn; und würde folglich einen viel dünnern Ton, als die andern, von sich geben. Solches würde aber nicht nur bey diesem Instrumente schädlich seyn; sondern auch auf dem Violoncell und der Violine, im Fall man solche mit fünf Seyten beziehen wollte. Der sogenannte deutsche Violon von fünf bis sechs Seyten, ist also mit Recht abgeschafft worden. Sind bey einer Musik zweene Contraviolone nöthig; so kann der zweyte etwas größer, als der erste seyn: und was demselben an der Deutlichkeit abgeht, ersetzet er alsdenn an der Gravität.

4. §.

Eine große Hinderung an der Deutlichkeit machet es, wenn auf dem Griffbrete keine Bände sind. Einige halten zwar dieses für einen Ueberfluß, und wohl gar für schädlich. Allein diese falsche Meynung wird durch so viele geschikte Leute, welche mit Bänden alles nur mögliche auf diesem Instrumente rein und deutlich heraus bringen, sattsam widerleget. Die unumgängliche Nothwendigkeit, daß auf diesem Instrumente, wenn es anders deutlich klingen soll, Bände seyn müssen, ist ganz leicht zu erweisen. Man weis, daß eine kurze und dünne Seyte, wenn sie straff gespannet ist, die Vibration, oder den Schwung viel schneller und enger machet, als eine lange und dicke Seyte. Drücket man nun eine lange und dicke Seyte, die nicht so straff als eine kurze gespannet werden kann, auf das Griffbret; so schlägt die Seyte, weil ihre Zitterung einen weitern Umfang einnimmt, unterwärts auf das Holz.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)