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in einerley Geschwindigkeit geschlagen wird, bessere Wirkung, als ein ganz geschwinder. Denn die sehr geschwinde Bewegung, wenn sie mit vielen Instrumenten zugleich geschieht, verursachet mehr Verwirrung als Deutlichkeit, besonders an einem Orte wo es schallet. Deswegen muß man alsdenn die Finger, in einer mäßigen Geschwindigkeit, egal, doch etwas höher als sonst aufheben.

25. §.

Bis hieher haben wir den Bogenstrich, an sich selbst, und wie einzelne Noten in denselben eingeteilt, und durch ihn ausgedrücket werden müssen, betrachtet. Nun ist nöthig abzuhandeln, was für Arten des Bogenstrichs, ein jedes Stück, ein jedes Zeitmaaß, und eine jede auszudrückende Gemüthsbewegung erfodere. Denn diese lehren den Violinisten, und alle die sich mit Bogeninstrumenten beschäftigen, ob der Strich lang oder kurz, schwer oder leicht, scharf oder gelassen seyn solle.

26. §.

Ueberhaupt ist anzumerken, daß im Accompagnement, insonderheit bey lebhaften Stücken, ein, nach Art der Franzosen geführter, kurzer und articulirter Bogenstrich, viel bessere Wirkung thut, als ein italiänischer, langer und schleppender Strich.

Das Allegro, Allegro assai, Allegro di molto, Presto, Vivace, erfodern, besonders im Accompagnement, wo man bey dieser Art von Stücken mehr tändelnd als ernsthaft spielen muß, einen lebhaften, ganz leichten, tockirten, und sehr kurzen Bogenstrich: doch muß eine gewisse Mäßigung des Tones dabey in Acht genommen werden.

Ist das Allegro mit Unison untermischet; so muß es mit einem scharfen Bogenstriche, und ziemlicher Stärke des Tones gespielet werden.

Ein Allegretto, oder ein Allegro das durch folgende dabey stehende Worte, als: non presto, non tanto, non troppo, moderato, u. s. w. gemäßiget wird, muß etwas ernsthafter, und mit einem zwar etwas schweren, doch muntern und mit ziemlicher Kraft versehenen Bogenstriche, ausgeführt werden. Die Sechzehntheile im Allegretto, so wie im Allegro die Achttheile, erfodern insonderheit einen ganz kurzen Bogenstrich: und muß derselbe nicht mit dem ganzen Arme, sondern nur mit dem Gelenke der Hand gemachet, auch mehr tockiret als gezogen werden; so daß so wohl der Auf- als Niederstrich, durch einen Druck, einerley Endigung bekomme. Die geschwinden Passagien hingegen, müssen mit einem leichten Bogen gespielet werden.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_199.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)