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der Flöte, mehr oder weniger zusammen zieht, gebildet. Der Mund und seine Theile aber können ebenfalls den Ton auf vielerley Art verändern. Man hat sich also dabey ebenfalls, von allen hier möglichen Fehlern, welche weiter unten angezeiget werden sollen, zu hüten; damit man nicht auch die obengemeldeten Fehler einiger Menschenstimmen nachahme.

3. §.

Ueberhaupt ist auf der Flöte der Ton (sonus) der allergefälligste, welcher mehr einem Contralt als Sopran; oder welcher denen Tönen, die man bey dem Menschen die Bruststimme nennet, ähnlich ist. Man muß sich, so viel als möglich ist, bemühen, den Ton derjenigen Flötenspieler zu erreichen, welche einen hellen, schneidenden, dicken, runden, männlichen, doch dabey angenehmen Ton, aus der Flöte zu ziehen wissen.

4. §.

Vieles kömmt dabey auf das Instrument selbst an; ob solches auch wegen des Tones die gehörige Aehnlichkeit mit der Menschenstimme in sich hat. Fehlet es hieran; so ist kein Mensch vermögend, durch die Geschicklichkeit der Lippen, den Ton zu verbessern: so wenig ein guter Sänger seine von Natur schlechte Stimme schön machen kann. Einige Flöten geben einen starken und dicken; andere einen schwachen und dünnen Ton von sich. Die Stärke und Helligkeit des Tones rühret von der Beschaffenheit des Holzes, wenn es nämlich dicht oder compact, hart und schwer ist. Der dicke und männliche Ton rühret von der inwendigen Weite der Flöte, und von der proportionirlichen Dicke des Holzes her. Der dünne schwache Ton entspringt von dem Gegentheile; wenn nämlich das Holz porös und leicht, der inwendige Bau der Flöte enge, und die Flöte schwach von Holze ist. Die Reinigkeit der Octaven rühret nur allein von dem inwendigen Baue her, welcher jedoch auch zur Schönheit und Annehmlichkeit des Tones viel beyträgt. Wenn die Flöte zu sehr verjünget zugeht: so werden die hohen Töne gegen die tiefen zu hoch. Ist aber die inwendige Weite zu wenig verjünget: so werden die hohen Töne gegen die tiefen zu tief. Das Mundloch muß ebenfalls gut geschnitten seyn. Die reine Stimmung von einem Tone zum andern, kömmt auf einen festen und sichern Ansatz, und auf ein gut musikalisch Gehör an; auch daß man die Verhältniß der Töne wohl verstehe. Wer bey dieser Erkenntniß die Flöte auch zugleich gut spielet, der ist im Stande, eine gute und reingestimmte Flöte zu machen. Weil aber dieses den meisten Flötenmachern fehlet; so

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Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_041.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)