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Mein erster Erfolg.


Aus dem Kleinrussischen von Oljona Ptscholka.
Uebersetzt von Wladimir Czumikow.
Schluß.


Nach einigen Stunden hatte ich schon die klare und sichere Ueberzeugung: unseren Grundherrn haben die Baidischs gemordet. In meiner Einbildung sah ich deutlich den jungen Baidisch, Andreas, vor mir stehen: sein erblaßtes Gesicht, das Zucken seiner Schultern, seine ganze erschrockene Figur, wie sie damals bei der plötzlichen Ueberraschung erschien. Ja, aller Wahrscheinlichkeit nach hatte gerade Andreas den Mord verübt, mit Vorwissen des Vaters natürlich.

Ich konnte es nicht mehr zu Hause aushalten, nahm meine Mütze und ging hinaus.

Ich ging in das Gemeindehaus, wo der Untersuchungsrichter abgestiegen war. Er saß und schrieb etwas, wahrscheinlich betreffs des am Morgen vorgenommenen Verhörs, welches freilich ziemlich resultatlos verlaufen war.

Ich setzte mich neben den Untersuchungsrichter und setzte ihm alles auseinander. Er sah mich anfangs unzufrieden und mit einem spöttischen Lächeln an, biß sich dann auf die Lippe und begann mir endlich aufmerksam zuzuhören. Aha, dachte ich, jetzt sperrst Du die Ohren auf, während Du mich früher wie so einen jungen Hund, der Einem immer zwischen die Füße läuft und auf der Jagd nur stört, behandeltest…. Aha … wer anders als ich hat aber die richtige Fährte gefunden? O, unsereiner versteht auch was davon und kann auch was leisten! … Ja, die Kombinationsfähigkeit, das Verständniß auch für die scheinbar geringfügigsten Umstände – das ist die Hauptsache! Wie viele der schlimmsten Verbrechen sind nicht durch Kennzeichen aufgedeckt worden, die den gewöhnlichen Menschen belanglos und unwesentlich, dem Kenner aber von entscheidender Bedeutung erschienen? Diese letzte Betrachtung theilte ich dem Untersuchungsrichter mit…. Die Sicherheit und Ueberzeugtheit meiner Rede begannen allmälig auf ihn einzuwirken. Zwar lächelte er noch ein paarmal ironisch und nannte mich einen neuen Lecoq, das Ende war aber doch, daß wir Zeugen nahmen und in den Wald zum Gehöft der Baidischs gingen.

Es war schon Nacht – aber, mein Gott, was für eine wundervolle Nacht! Warm und hell! Der Mond schien so hell, daß man eine Stecknadel hätte auflesen können! Am Waldsaum hoben die Bäume klar und deutlich sich ab, jeder einzeln. Wie verzaubert standen sie in der silberhellen, klaren Luft. Und wie die Nachtigallen sangen! Der verträumte, lautlose Wald und das schallende Geschmetter ihrer Triller….

Wir gingen den Wald entlang. Endlich kamen wir an das Gehöft. Drinnen lag natürlich alles schon im Schlafe, Fenster und Thüren waren geschlossen. Wir klopften an. Die Leute wachten auf und Jemand sah aus dem Fenster; man öffnete uns aber noch nicht. Wir hörten blos, wie drinnen ein Wegräumen, ein Hin- und Hergehen begann. Endlich ließ man uns ein.

Es wurde Feuer angemacht. Wir erklärten, daß wir zum Zwecke einer Haussuchung gekommen waren und gingen ans Werk.

Wir suchten: Ich warf einen Blick auf die Baidischs: der jüngere, Andreas, stand bleich und finster wie eine Wand da; der Vater stand auch wie versteinert am Ofen, den Kopf tief auf die Brust gesenkt. Die Schwiegertochter, die Frau des älteren Sohnes, Josefs, der im Gefängniß saß, machte sich erschrocken etwas

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Olena Ptschilka: Mein erster Erfolg. Johann Heinrich Wilhelm Dietz, Stuttgart 1898, Seite 637. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PtschilkaMeinErsterErfolg.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.5.2018)