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„Wenn’s auch mir mehr zu Leide als zu Liebe geschieht,“ antwortete der Bischof, „so will ich doch gern Euren Sohn ermahnen, daß er zurücksteht vor dem Fremdling. Doch kenne ich Euren Gerhard wohl, er wird nimmermehr sein Gewissen mit fremdem Raub beschweren wollen.“

Ich rief meinen Sohn von der Seite seiner Braut hinweg. Voll Bestürzung vernahm er meinen Bericht, wie Gott den Herrn der Angeln so wunderbar gesandt hätte zum Hochzeitsmahle, und daß er jenem nun sein teueres Ehegemahl nicht verweigern dürfe.

Mein armer Sohn stand stumm da, kein Wort kam über seine Lippen. „Gerhard,“ drang der Bischof in ihn, „Gerhard! willst Du scheiden, was Gott verbunden hat? Willst Du einst als Ehebrecher vor Gottes Thron erscheinen? O bedenke, daß Gott zur rechten Stunde der holden Königin den trauten Gemahl, wie vom Tode auferstanden, wieder zugeführt hat. Willst Du diejenigen trennen, welche die Minne fest verbunden hat, so daß sie ein Herz und ein Leib sind? Willst Du Gottes Fluch auf Dein und Deines Vaters Haupt laden?“

Da endlich hub mein Sohn an zu reden: „Soll ich mir alles nehmen lassen, meinen Frieden, mein Glück und meine Ruhe?“ „Gieb hin, mein Sohn!“ ermutigte ihn der Bischof, „Gott wird Dir seinen Frieden schenken, hier schon auf Erden und noch mehr einst in jenem Leben.“

„Gottes Hand liegt schwer auf mir!“ klagte mein armes Kind; „die ich so lieb hatte, die fordert er von mir.“ „Hast Du sie wirklich lieb, die edle Königin,“ erwiderte der Bischof, „wohlan, so zeige es ihr, indem Du ihrem Glücke das schwerste Opfer bringst.“

„Mein Vater,“ hub endlich sich ermannend mein Gerhard an, „wohl, es sei. Zeigt mir ihn, der um meine Liebe freit.“ Nun ward ich froh und zog mein Kind an meine Brust, und beide weinten wir vor Liebe und Leid.

Jetzt riefen wir den König von Engelland. Da kam er und stand vor uns im lichten Glanze der Schönheit: blond, hoch gewachsen und minniglich.

Der Bischof war inzwischen wieder zum Mahl gegangen und saß dort an der Seite der jungen Königin.

Ich ließ dem König von Engelland ein Pferd bringen, und so ritten mein Sohn und ich mit ihm zum Staunen der versammelten Menge zur

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/245&oldid=- (Version vom 1.8.2018)