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ihm selbst den Hals umdrehen würde. Die Frau aber sprach: „Bleib Du nur hier, mein Sohn, Dir soll Niemand ein Leid zufügen, wenn Du thust, was ich Dir heiße. Diese Nacht setze Dich in den ersten Frauenstand vor dem Altare; die zweite Nacht hinter die Orgel; die dritte stelle Dich vor den Altar; die vierte lege Dich in den Sarg der Königstochter; wenn sie heraussteigt, dann aber mag kommen und fragen wer da will, so darfst Du nicht antworten, sonst mußt auch Du Dein Leben lassen und bist doch noch so jung, so jung.“

Der Rekrut befolgte den Rath der Zauberin und setzte sich während der ersten Nacht in den Frauenstand. Als er eine Weile gesessen hatte, kam die Königstochter aus ihrem kostbaren Sarge, stellte sich vor dem Rekruten hin und rief:

Wache, Wache, Ronde raus!
Wache, Wache, Ronde raus!

Der Rekrut aber antwortete nicht, darum fand das Mägdlein keine Macht über ihn und mußte sich wieder in ihren Sarg legen.

In der zweiten Nacht setzte der Soldat sich hinter die Orgel. Da kam die Königstochter wieder und rief:

Wache, Wache, Ronde raus!
Wache, Wache, Ronde raus!

Allein der Rekrut blieb sitzen und antwortete nicht, darum hatte das Mägdlein keine Macht über ihn. Und eben so stellte sie sich auch in der dritten Nacht vor den Rekruten hin und rief:

Wache, Wache, Ronde raus!
Wache, Wache, Ronde raus!

aber der Rekrut blieb ruhig vor dem Altare stehen und antwortete nicht.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)