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sagte: sie habe Lust Erdbeeren zu essen, die solle ihre Stieftochter aus dem Walde holen; es ist aber mitten im Winter gewesen. Dennoch ging das gute Mädchen getrost in den Wald und sah darin bald von Ferne drei Männer sitzen, die sich ein Feuer angezündet hatten und sich daran wärmten. Das Mädchen ging auf die Drei zu und fragte sie recht artig, ob sie sich nicht auch an dem Feuer ein wenig wärmen dürfe. Das erlaubten sie ihr und machten ihr einen Platz zurecht, worauf sie sich hinsetzen sollte. Als sie nun so beisammen saßen, zog sie ihr Frühstück heraus, theilte es unaufgefordert mit den Dreien, ward aber doch satt von den wenigen Bissen, die sie übrig behielt. Die drei aber waren: Gott, Christus und der heilige Geist. Als sie nun alle gegessen und sich gewärmt hatten, da ging Christus hin und pflückte ihr mitten im Schnee einen Korb voll schöner dicker Erdbeeren, Gott aber wünschte ihr, daß sie von Ansehn und Gestalt noch viel schöner würde, als sie in ihren goldnen Haaren schon war, und daß bei jedem Worte, das sie spräche, ein Goldklümpchen aus ihrem Munde fallen sollte. Danach ging sie mit den Erdbeeren heim. Zu Hause freute sich die böse Stiefmutter wohl über die Erdbeeren und verzehrte sie mit Begier, las auch, wie Du Dir wohl denken kannst, gar fleißig mit ihrem Manne die Goldklümpchen auf, welche der guten Tochter bei jedem Worte aus dem Munde fielen, ärgerte sich aber doch, daß diese noch schöner geworden war. Darum reinigte sie ihre rechte Tochter von Ungeziefer und sprach: „Nun gehe hin, und hole mir auch ein Körbchen voll Erdbeeren, vielleicht wirst auch Du dabei so köstliche Gaben gewinnen.“

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)