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39. Das Mondenlicht.

In der Landschaft Schnorrwitz sind die Leute zu spät gekommen, als der liebe Gott die Sonne, den Mond und die Sterne vertheilte. Sie dachten: das Beste käme zuletzt, allein sie hatten sich geirrt, denn sie bekamen keinen Mondenschein. Einstmals zogen aus dieser Landschaft vier Handwerksburschen aus und verwunderten sich gar sehr, als sie in ein Land kamen, wo sie, nachdem die Tageshelle vorüber war, an einem hohen Eichbaume ein Licht erblickten, welches so hell schien, daß die Leute dabei auf dem Felde arbeiteten. Sie traten zu einem Bauer, der pflügte, und sprachen: „Lieber Bauer, sage uns, was ist doch das für ein Licht, das dort brennt?“

Der Bauer antwortete: „Das ist der Mond, den hat unser Bürgermeister für drei Thaler gekauft und auf die große Eiche gebunden. Alle Woche müssen wir ihm einen Thaler geben, damit er dies Licht nur ordentlich putzt und sorgt, daß es recht hell brennt.“

Da sprachen die Handwerksburschen zu einander: „Haben wir nicht auch eine große Eiche in Schnorrwitz, darauf der Mond festgebunden werden kann? So laßt uns von da Wagen und Pferde holen und den Mond stehlen und in unsre Landschaft fahren, auf daß wir daselbst das schöne Geld damit verdienen.“ Also thaten sie auch, holten Wagen und Pferde, stiegen auf den Berg, darauf die Eiche stand, bohrten ein Loch in den Mond und ließen ihn an einem Seil herunter. Danach fuhren sie ihn gen Schnorrwitz, indem sie ihn unterwegs auf dem Wagen zugedeckt hatten, befestigten ihn

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/177&oldid=- (Version vom 1.8.2018)