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den Rumpf zu stehlen. Als der Lehrling das erfuhr, verkleidete er sich in ein altes Weib, kaufte sechs Schäfermäntel und sechs Schäferstäbe und sechs Flaschen Weins, die er mit Schlaftrunk vermischte. Das lud er auf einen alten Karren, vor den ein alter Schimmel gespannt war, und fuhr es in die Nähe des Galgens. Weil er dort die Schäferstäbe und die Schäferröcke auspackte und sagte, daß er das den Schäfern auf dem Felde zu verkaufen gewohnt sei, so mißtrauten die Soldaten ihm nicht und kauften ihm allen seinen Wein ab. Kaum hatten sie ihn getrunken, da versanken sie alle in einen tiefen Schlaf. Sogleich löste der Lehrjunge den Rumpf seines Meisters vom Galgen ab und warf ihn auch in den Fluß. Danach entkleidete er die sechs Soldaten, legte ihnen die Schäfermäntel an, nahm ihnen ihre Waffen und gab ihnen an deren statt die Schäferstäbe in die Hand. Die fünf Soldatenkleidungen hing er am Galgen auf und stellte die Waffen darunter. Nur das Kleid des Einen Soldaten legte er selbst statt seines Weiberrockes an, den er unter dem Galgen liegen ließ, ließ auch den Karren dort stehen und ritt in der Soldatenkleidung und mit der Soldatenwaffe davon.

Als der König mit seinen Räthen die sechs Soldaten in Schäferröcken fand, mußten sie gewaltig lachen und weil sie die Weiberkleidung sahen und die ganze List entdeckten, sprach der König also zur Wache: „Die Strafe soll Euch geschenkt sein, wenn Ihr den Schalk erkennet, der das gethan, sofern er morgen zu meinem Königsschlosse geritten kommt.“

Da sprachen einige von den Soldaten: „Jetzt sind wir unserer Strafe ledig, denn er wird sich hüten auf

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)