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Tasche haben. Nach der Mahlzeit soll jeder von uns einem jeden von Euch den zwölften Theil seines Geldes in die Hand zählen und dann mögt Ihr uns getrost niedermetzeln und wird nachher kein Streit um unser Geld bei Euch entstehen.“

Das leuchtete den Räubern ein, denn Gott segnet ein so schlechtes Gewerbe wie das Räuberhandwerk nicht und war noch immer unter ihnen Blut geflossen, wenn sie die Schätze der Gemordeten unter sich getheilt hatten. Sie richteten also eine gute Mahlzeit zu, der Scharfrichter aber ließ seinen Reisesack in’s Zimmer bringen und setzte sich mit den Handwerksburschen nieder. Während der Mahlzeit sprangen die Räuber als ihre Diener hin und her und brachten köstliche Speisen und herrlichen Wein. Der Scharfrichter aber befahl ihnen im stolzen Tone und hieß sie immer köstlicheren Wein herbeibringen und sie erfüllten alle seine Befehle im Fluge.

Nach Tische befahl er dem Räuberhauptmann noch ein Licht zu bringen; weil aber bald die Zeit der Metzelei herbeikam, so brachte der eins was ganz dunkel brannte. Da schalt der Scharfrichter ihn laut, brach es mitten aus einander und zündete es in der Mitte an, daß es lichterloh brannte.

Zuletzt hieß er ihm noch einmal Wein bringen und that mit den Handwerksburschen noch einen Trunk. Dann standen sie auf und die zwölf Räuber mußten sich an die Tafel setzen. Da öffnete der Scharfrichter seinen Mantelsack und zählte jedem Räuber seinen Theil an dem Gelde auf den Tisch und jeder Räuber, dem er es hinzählte, verneigte sich vor ihm. Dann zogen auch die drei Handwerksburschen ihr Geld aus der Tasche und der

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/159&oldid=- (Version vom 1.8.2018)