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Räuberhauptmann noch übrig, da haute aber die Prinzessin zu früh zu. Er zog den Kopf mit einer großen Wunde wieder zurück und entfloh. Danach entschlief die Prinzessin ganz ermattet und erwachte nicht eher als bis das Haus und ihr Gemach mit den sieben Thüren am andern Morgen auf Befehl ihres Vaters erbrochen war.

Die Leichen der Räuber wurden alle auf des Königs Befehl am Galgen aufgehängt und mußten dort verwesen; von einer der Leichen aber war dort plötzlich mit großer Kühnheit die rechte Hand geraubt.

Die Königstochter war nun alle Zeit hochgeehrt wegen ihres Heldenmuthes, zeigte sich aber stets gar finster und weigerte allen Freiern, welche um sie anhielten, das Jawort. Da gab der König einst ein großes Fest und schrieb aus, wer dabei seine Tochter zum Lachen bringen könne, der solle sie zur Gemahlin haben. Viele versuchten es auf dem Feste, die Prinzessin zum Lachen zu reizen, allein es wollte Niemand gelingen. Da kam ein schöner, feingekleideter Herr und bat sie um einen Tanz. Dabei hielt er ihr unter einem Mantel, den er umgeworfen hatte, eine gebleichte Hand hin und als sie zufaßte und seine Hand zum Tanze zu ergreifen meinte, ließ er los und sie hatte eine gebleichte Todtenhand in der Hand. Darüber mußte die Prinzessin lachen und der König freute sich herzlich; Pauken und Trompeten gingen und die Königstochter fiel dem Fremden, der nun ihr Verlobter war, um den Hals. Es war aber der Räuberhauptmann, der die Hand seines einen Bruders gestohlen hatte, die so schön an der Sonne gebleicht war.

Als sie eine Zeit lang verlobt gewesen waren, bat der Fremde, daß die Prinzessin einmal mit ihm in seinem

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)