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und fragte: „Hast Du abgesponnen?“ sprach sie: „Ja.“ Da sprach der König: „Gut, mein Schäfchen,“ und hatte seine Freude, wie Alles so gut gesponnen und gehaspelt war. Bald darauf ging er wieder auf Reisen und gab ihr vorher ein Fuder Flachs zu spinnen auf. Da ging es wie das erstemal und am letzten Tage, als der König jeden Augenblick heimkehren konnte, setzte sich das Mädchen wieder auf die Hausschwelle und weinte. Gleich war die Alte wieder da und fragte, was es weinte. Da sagte die wieder, ihr Herr und König wäre fortgegangen, hätte ihr aber vorher ein Fuder Flachs zu spinnen gegeben und sie könnte gar nicht spinnen. Da fragte die Frau: wenn sie nun einst ein kleines Kind bekäme, ob sie das haben sollte? Das Mädchen antwortete: das sollte sie haben, wenn nur der Flachs aufgesponnen würde. Da ging es wieder:

Horle, Horle-Horle-Wip,
Wie balde spinn’ ich dich!
Horle-Horle-Wap,
Wie balde haspl’ ich ab!

Und da war der schöne Flachs auf einmal gesponnen und gehaspelt und hing ein Lob Garn nach dem andern da und sah ein jedes so schön goldgelb aus und lachte die Leute an wie ein Pfund Butter. Als der König das sah, sprach er zu dem Mädchen: „Gut, mein Schätzchen, jetzt sollst Du Königin werden“ und bestimmte den Hochzeitstag. Wie sie nun Hochzeit hatten, saß die Königin hinter der Tafel und der König holte das Essen und wartete auf, wie es einem Bräutigam geziemt. Da kam eine alte Frau auf die Hausflur und klopfte an. Der König ging hin und machte auf, da stand eine alte

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)