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ein solcher Rechenmeister gewesen, daß ihm kein Löffel voll entgangen ist, wie auch die drei Brüder mit ihren Löffeln hin und her fuhren. Am andern Morgen fragen die drei Brüder nach ihrer Rechnung, da sagt der Wirth, sie hätten sich die Rechnung am vorigen Abend über Tische mit den Löffeln in der Hand schon selbst gemacht. So müssen sie für jeden Löffel voll, den sie gegessen haben, einen halben Louisdor bezahlen, und denken jetzt erst daran, daß ihr Vater sie vor rothen Haaren gewarnt hat.

Nun setzen die drei Brüder ihre Reise fort. Nach einiger Zeit kommt ihnen ein bewaffneter Reiter, der ein hoher Offizier gewesen ist und feuerrothes Haar gehabt hat, entgegen. Als die drei Brüder das sehen, denken sie: hat schon der rothhaarige Wirth uns so übel mitgespielt, so bringt uns der rothhaarige Reiter gewiß den Tod. Also ergriffen sie eilig die Flucht, und liefen in einen nahen Wald. Da will der Reiter den Grund wissen, warum sie fliehen, und verfolgt sie. Mit seinem Pferde holt er sie auch bald ein, und nun gestehen sie, daß sie sich vor den rothen Haaren fürchten, und erzählen, was ihnen ihr Vater gesagt hat und was bei dem rothhaarigen Wirthe geschehen ist. Da nimmt der Reiter die drei Brüder mit sich, und zieht mit ihnen nach dem Wirthshause.

Der Wirth ist eben beschäftigt einen Ochsen zu schlachten. Da fragt der Reiter, ob er nicht ein Viertel abstände. Ei jawol, sagt der Wirth, und da gehen sie Alle miteinander in die Stube und wollen den Handel abschließen. Da klopft der Reiter den Wirth so ein wenig auf die Schulter und spricht: „Nun Herr Wirth, was soll das Viertel kosten?“ Da sagt der Wirth: sechszehn Thaler, und sogleich zieht der Reiter sein Schwert aus der Scheide und sagt: „Nun, weil wir Handels einig sind, so wollen wir das Viertel gleich abhauen“, er meinte nämlich die Schulter

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_230.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)