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und nahm den Napf mit Erbsen und wollte ihn dem Schulmeister vors Bett bringen. Weil er nun immer dem Bande nachging, so kam er vor das Bett der Müllerin und hielt der die Erbsen an den Mund. Nun blies aber die Müllerin immer so mit dem Munde, weil sie im Schlaf etwas schwer Athem holte, und da glaubte der Pfarrer, daß der Schulmeister die Erbsen erst kalt blasen wolle. Das ärgerte ihn, weil sie schon ganz kalt waren, und darum rief er: Sie sind ja ganz kalt! und klatschte der Frau den ganzen Napf mit Erbsen ins Gesicht. Davon erwachte sie und auch der Müller erwachte, und sie warfen den Pfarrer bei Nacht und Nebel aus der Mühle hinaus.

Der Pfarrer ging nun allein im Walde fort und kam zu Räubern, die sperrten ihn in ihre Höhle mit vielen andern Gefangenen ein, auch sagten sie zu den Gefangenen: wenn sie zurückkämen, so sollten sie Alle zusammen geschlachtet werden. Nur das Dienstmädchen der Räuber blieb in der Höhle, und nach einer Weile sagte es zu den Gefangenen: wer von ihnen die dicksten Finger hätte, den wollte sie frei geben. Geschwind wiesen alle Gefangenen der Dienstmagd ihre Hände hin, und da zeigte es sich, daß der Pfarrer die dicksten Finger hatte. So kam der Pfarrer los aus der Räuberhöhle und die Andern wurden nachher von den Räubern geschlachtet. Er aber wurde seitdem gut und mildthätig.

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_223.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)