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68. Ein Windbeutel legt das Kartenspiel von einer guten Seite aus.


Ein Regiment machte einst an einem Sonntage Kirchenparade, ein Soldat setzte sich beim Eingange in die Kirche, und wie man dachte: er nehme ein Gebet- oder Gesangbuch, zog er ein Spiel Karten aus der Tasche und legte selbige auseinander vor sich her. Der Feldwebel, der dabei stand, saß ihm zu und befahl ihm, er solle seine Karten in die Tasche stecken und Solches nicht wieder thun; der Soldat aber gehorchte dem Feldwebel nicht, verantwortete sich auch nicht, sondern betrachtete sein Kartenspiel beständig. Während der Zeit war die Kirche wieder aus, der Feldwebel wartete vor der Thür auf den Soldaten, bis er aus der Kirche kam, führte ihn dann zu seinem Major und verklagte ihn um Das, was er in der Kirche gesehen hatte.

Der Major. Wie! Du hast dich unterstanden in der Kirche Karten zu spielen? Verantworte dich sogleich, oder du sollst ohne Gnade Gassen laufen.

Der Soldat. Wenn Sie mir gnädig erlauben, so werde ich mich hinlänglich verantworten. Die Kirche ist ein heiliger Ort und ich habe Niemand in seiner Andacht gestört, sondern Alle in Ruhe gelassen.

Der Major. Ich merke, du fütterst einen Windhund, rede die Wahrheit, oder ich schicke dich sofort in Arrest.

Der Soldat zog hierauf seine Karten wieder aus der Tasche, zeigte sie dem Major und sagte: Sobald ich ein As sehe, so denke ich, daß ein Gott ist, der Himmel und Erde erschaffen hat; eine Zwei: die zwei Naturen in Christo, nämlich die göttliche und die menschliche; eine Drei: die drei

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_219.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)